Wenn ich in der Heimat bin, artet das gelegentlich schon fast in Stress aus. Zuhause füllt sich der Terminkalender statt mit geschäftlichen Terminen plötzlich wie von Zauberhand mit Freizeitstress. Immerhin hat man X schon lange nicht mehr gesehen und auch seit dem Treffen mit Y und Z ist inzwischen eine gefühlte Ewigkeit vergangen. Irgendwann quillt er dann über, der Kalender, vor lauter X, Y, Z und auch noch einem Großteil des restlichen Alphabets… Aber man kann ja stapeln. So habe ich mit... weiterlesen drei der Buchstaben gleichzeitig hier im Tatami getroffen. Der Laden wurde viel gelobt und Versuch macht ja bekanntlich kluch…
Das Tatami selbst liegt in einem der todschicken Tübinger Neubau-Öko-Quartiere mit Akademiker-Überschuss, genauer gesagt am Magazinplatz, der mit einem Spielplatz, einem Büchertauschregal und einer einigermaßen großen Halb-Schotter- und Halb-Gras-Fläche gefüllt ist. Nebenan plitschert ein Bächle und, wäre das Wetter besser gewesen, hätte es auch eine Terrasse gegeben. Aufgrund von Gruselwetter hatten wir allerdings drin reserviert.
Als wir ankamen, war unser Tisch noch belegt und die dort sitzende Dame machte sich seeeeeehr gemächlich an den Aufbruch. Seeeeeeehr gemächlich. Wir haben lieber draußen gewartet. Als unser Tisch frei wurde, waren wir von der eigentlichen Sitzkonstruktion angetan. Eine Art Podest, auf dem „beinlose Stühle“, also einfach eine Sitzfläche mit Rückenlehne und jede Menge Kissen lagen. Sehr bequem. Origami-Fans können sich hier in den Schneidersitz falten, Aufrechtsitzer können bequem die Beine unter dem Tisch baumeln lassen.
Der Laden ist brechend voll und die Dame vom Service läuft auf Maximum. Die Karten kommen schnell, die Getränke brauchen ein wenig länger. Ich wähle gänzlich unjapanische Birnenlimonade von Seezüngle (lecker!), meine Nebensitzerin auch. Die Herren am Tisch trinken Grüntee mit gebratenem Reis-Aroma und Matcha mit Limette und Ingwer. Die Farbe von letzterem ist erstaunlich… quietschknatschgrün, schmeckt aber toll.
Da ist Sushi mit Lachs sehr mag, wähle ich das Sake Moriawase-Set. Das beinhaltet drei Lachs-Maki-Rollen mit Algenblatt außen und Reis und Lachs innen, dazu 3 Nigiris mit Reis unten und einem Stück rohen Lachs oben drauf und sechs Lachsrollen mit scharfer Sauce, gefüllt mit Lachs, Gurke und Frühlingszwiebeln. Als Vorspeise wird eine Misosuppe gereicht.
Die Misosuppe trudelt als erstes ein und entgegen all meiner bisherigen Sushi-Erlebnisse und Gewohnheiten bekommt man hier einen Löffel dazu gereicht. Normalerweise wird die Suppe einfach aus der Schale geschlürft und wir bleiben diesem Motto auch treu. Die Suppe ist gut gewürzt, nicht fad und auch nicht mehr kochend heiß, sondern perfekt schlürftemperiert. Die anderswo schon in der Suppe gefundenen Algenblätter fehlen hier, dafür ist eine reichliche Menge Frühlingszwiebeln dabei. Lecker!
Das Sushi-Set wird zusammen mit lobenswerten Mehrweg-Stäbchen statt spleissigen Einweg-Bambus-Fisselstöckchen gereicht. Dazu erhält jeder ein Schälchen für Sojasauce, die Sauce selbst kommt in einem Dekanter auf den Tisch. Lobenswert zu erwähnen ist die Bitte in der Speisekarte, die Sojasauce in Maßen ins Schälchen zu dosieren und lieber nochmal nachzufüllen, statt nachher viel davon stehen zu lassen, was dann weggeworfen werden muss.
Die Maki sind schön fest und schmackhaft, die Nigiri wunderbar. Hier bröselt und bröckelt nichts, das Sushi ist perfekt gerollt und der Fisch sehr frisch, schmackhaft und von hoher Qualität. Die scharfen Lachsrollen mit Reis außen bröseln auch nicht, die Sauce brennt aber ein bisschen in den Ohren. Zusätzlich zum Sushi bekam jeder noch Wasabi und eingelegten Ingwer auf dem Teller mit angereicht, so dass man nach Belieben noch nachschärfen kann. Super!
Zum Nachtisch haben wir uns noch ein Matcha-Tiramisu in quietschgrün gegönnt, das farblich zwar recht speziell, geschmacklich jedoch absolut top war. Die Deko bestand aus Mangospalten, die ebenfalls sehr gut waren.
Für vier Personen incl. Getränken und Nachtisch haben wir insgesamt 82,10 bezahlt. Sollte ich mal wieder Freizeitstress in Tübingen haben, komme ich hier gerne wieder her. Ambiente, Freundlichkeit und die Speisen selbst sind absolut top. Das Lokal ist barrierefrei, Parkplätze gibt es in der direkten Umgebung und ab 16:00 kostenlos. Mit den Buslinien 5 und 3 oder von Bahnhöfle Derendingen aus, ist das Tatami in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar. Von mir gibt’s glatte fünf Sterne![verkleinern]