Erst durch einen Hongkong-Trip vor zwölf Jahren begann ich damit, mich wirklich intensiv mit der Vielfalt der chinesischen Kochrichtungen zu beschäftigen. Aber schon vorher war die scharfe Küche der Provinz Sichuan meine Lieblingsrichtung. Dass es für mich ähnlich spannende Genüsse wie die Sichuan-Köstlichkeiten auch in der Nachbarstadt Chongqing gibt, erfuhr ich erst im Juli 2016 durch Zufall, als ich in einem Stuttgarter Gastroführer aufs CQ Flavour stieß.
Schon meine erste Stippvisite... weiterlesen
überzeugte mich – der 16-Minuten-Trip mit der U7 vom Hauptbahnhof gen Osten (Haltestelle Schemppstraße) lohnte sich. Ich probierte "Salat aus Hühnerkeulen (mit Knochen) in scharfer Sauce" und "Rindfleisch in scharfem Öl (CQF-Art)". Letzteres war die Variante eines Fischgerichtes, das ich aus meinen chinesischen Lieblingsrestaurants in Hamburg (Golden) und Berlin (Peking Ente) kannte. Das "scharfe Öl" ist überhaupt nicht fettig, sondern sehr leicht. Eine dominante Geschmacksnote steuert der Sichuan-Pfeffer bei (u. a. auch als Szechuan-, Berg- und Blumenpfeffer bekannt). Er ist nicht wirklich scharf, wirkt aber subtil prickelnd und hinterlässt ein leichtes Gefühl der Taubheit auf Lippen und Zunge.
Im Juli fand ich einen Artikel der Stuttgarter Zeitung übers CQ Flavour, der die schöne Überschrift "Der Weg führt über Schweineblut" trug. Ich zitiere Autorin Eveline Blohmer: "Wer es sich zutraut, nicht nur Moskitos, sondern auch Alligatoren mit der bloßen Hand zu erlegen, schafft sicher auch die C 331 (knusprig gebackener Schweinedickdarm mit Erdnüssen, Chili und Sichuan-Pfeffer) oder die C 324 (Schweineblut-Topf – extrem scharf). Mit beiden Gerichten begibt sich der Gast immerhin mit den Geschmacksknospen direkt nach Chong Qing, der südwestchinesischen Heimatstadt Pei Wus und Initialengeberin für den Restaurantnamen."
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.chinarestaurant-in-sillenbuch-der-weg-fuehrt-ueber-schweineblut.b8aabea2-f760-4913-8de1-e87e05b27f86.html
Da ich später im vergangenen Jahr bei einer beruflich bedingten Stippvisite im Elsass eher mediokre Kost serviert bekam, kehrte ich vorm Rückflug ab Stuttgart ein zweites Mal im CQ Flavour ein – und wagte mich an den Schweineblut-Topf. Einige der Ingredienzien (wie Schweinedarm und -magen) gehören nicht zu meinen spontanen Favoriten, aber ich wollte mal etwas Neues ausprobieren. Immerhin war zusätzlich auch Pangasius-Filet dabei.
Das Gericht war in der Karte als "extrem scharf" ausgezeichnet. Bei meinem ersten Besuch im Juli war die Chefin skeptisch, ob ich mehr als die in der Speisekarte "nur" als scharf gekennzeichneten Gerichte vertragen können würde (da "scharf" bei ihr nicht "deutsch scharf", sondern "Chongqing-/Sichuan-scharf" bedeutet).
Die ersten schweißtreibenden Bissen waren eine echte Herausforderung, dann aber wurde das vielschichtig pikante Gericht zum Genuss. (Ich bin immer noch kein Fan von Innereien, aber hier passten die Zutaten.)
Als Vorspeise wählte ich Rotöl-Yuba (nur "scharf"). Das war mir vorher ebenfalls unbekannt, ist aber laut Wikipedia und Stuttgarter Zeitung "getrocknete Sojamilchhaut mit Gewürzen in Öl". Sie wird kalt serviert. (Wer das nicht mag, sollte bei ihm unbekannten Speisen sicherheitshalber nachfragen. In der chinesischen Küche gibt es diverse Standards mit Zimmertemperatur.)
Wie bei allen guten chinesischen Restaurants empfiehlt es sich auch im CQ Flavour, eine größere Gruppe zusammenzutrommeln, um möglichst viele unterschiedliche Geschmackserlebnisse ausprobieren zu können. Manche Speisen auf der Karte sind als individuelle Tellergerichte für Einzelesser nicht abendfüllend, fügen sich aber kongenial in ein sinnvoll ausgewähltes Menü ein. Die CQ-Chefin berät gern.[verkleinern]