Ich habe mich verliebt… In Kleider! Bisher war ich nur der Meinung, dass Frau gar nicht genug Röcke haben kann, aber jetzt weiß ich, dass man auch nicht genug Kleider haben kann. Gar nie nicht. Niemals.
Tatsächlich gibt es aber auch bei Kleidern einige Abstriche. Gerade Schnitte wirken mir zu Litfaß-säulig und ich habe mein Faible für taillierte Kleider entdeckt. Insbesondere die Schnitte der 50er und 60er Jahre haben es mir angetan. Heute firmiert das ganze unter Retro-Schnitten oder... weiterlesen Rockabilly-Style. Jetzt könnte man solche Kleider für billig bei großen Versandhändlern bestellen, riskiert aber den Erwerb von schlechtsitzender und grottig geschnittener Faschingsseide. Das wiederum führt dazu, dass man dann mehr jeck als retro aussieht und das wiederum führt dazu, dass ich so nicht rumlaufen will. Gar nie nicht.
Also musste eine Quelle für gut geschnittene Retro-Kleider her und die hat sich in Stuttgart aufgetan. Ein bisschen abseits vom allgemeinen Trubel der Idiotenrennbahn, äh, Königsstraße liegt das Flaming Star. Der Laden ist ein bisschen versteckt und liegt im für mich gefährlichsten Viertel Stuttgarts, denn die Markthalle und der Think! Store sind nicht weit. In der Tasche höre ich das leise Weinen der EC-Karte und ignoriere den Kartenjammer gekonnt, als ich Flaming Star betrete.
Der Laden ist voll mit Damen- und Herren Retromode der 50er und 60er, dazwischen gibt es unzählige Geschenkartikel aus der Kategorie „Braucht kein Mensch, muss ich haben“, mit denen man alle Freunde absonderlicher Geschenkle beglücken kann. Um den Schwäbischen Diminutiv noch eine Runde zu bemühen… Hier gibt es beispielsweise Tonnen von Vesperbrettle vom Äffle und Pferdle und allerlei Krüschtle und Krämle mit Stuttgart-Sprüchle. Dazu Dösle und Kischtle und einen Haufen Sächle für jeden Anlass. Ich bin aber wegen Damenoberbekleidüngle, äh, Kleidern hier.
Schon nach einem kurzen Rundgang an den Regalen vorbei habe ich fünf Kleider zur Anprobe ausgewählt. Neben Polka-Dots in allen Farben und Varianten finden sich auch blumige Motive, Matrosen-Style und Kirschen. Ich verschwinde derweil in der Umkleide, bevor ich noch mehr zum Anprobieren finde.
Die unglaublich nette Chefin hilft wacker mit dem üblichen Reißverschluss-Problem bei Kleidern und zippelt alles zu, was ich anprobiere. So erspare ich mir Reißverschluss-Yoga mit Rückenverrenkung. Nach der Anprobe und der Selbstbegutachtung vor dem angemessen retro aussehenden Spiegel habe ich allerdings ein Problem, denn von fünf Kleidern kann ich eigentlich keins ausschließen. Alle passen wie angegossen. Mist. Das gibt eine elende Qual der Wahl.
Nach und nach sortiere ich drei Kleider aus, da ich schon ähnliche Modelle im Schrank habe, übrig bleibt ein Kleid im Matrosen-Stil und eins mit Kirschen. Zur Entscheidungsfindungsstärkung gibt es von der Chefin ein Döschen Cider aufs Haus – wahlweise klassisch mit Apfel oder mit Beeren. Ich probiere das Beeren-Cider (lecker!) und wenn ich schon Beere trinke, kann ich auch Beere kaufen. Das Kirsch-Kleid soll es sein und ich kann nicht widerstehen und kaufe noch eine schwarze Strickjacke mit kirschroten Knöpfen dazu.
Nebenbei unterhalten wir uns über Retro-Kleider, Passformen und ich bekomme noch einige Tipps mit auf den Weg. Die Beratung, die Freundlichkeit und Lockerheit hier sind einfach großartig und ich fühle mich super aufgehoben. Ich komme gerne wieder, denn Kleider kann man nie genug haben. Gar nie nicht… Und außerdem fehlt mir noch ein Petticoat für meine Sammlung.
Die Preise liegen zwischen 40 und 100 Euro pro Kleid. Das leise Weinen der EC-Karte verwandelt sich in ein Wimmern, sie scheint sich zu beruhigen.
Das Flaming Star bekommt von mir glatte fünf Punkte. Einfach super![verkleinern]