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"Wer zählt die Biere, nennt die Namen, die süffig hier zusammenkamen."
Sehr frei nach einem Spruch aus "Die Kraniche des Ibykus" vom Dichterfürsten Friedrich von Schiller möchte ich eine kleine Reihe von Bewertungen über Brauereien beginnen.
Weniger über die ganz Großen, welche ihre Produkte in so ziemlich jedem Getränkemarkt des Landes präsentieren, sondern über kleine bis mittelgroße Produzenten, die sich der Bierherstellung unter dem neudeutschen Oberbegriff "Craft-Beer" verschrieben... weiterlesen haben, aber auch durchaus einfach nur Pils, Helles oder Bockbier brauen.
Um etwas Abstand von Berliner Bieren, die ich in letzter Zeit des öfteren verkostete, zu gewinnen , bin ich nun gen Norden unterwegs. In den östlichen Norden, um genauer zu werden.
Die vorpommersche Insel Rügen kann mit Superlativen punkten, denn es handelt sich um die flächenmäßig größte Insel Deutschlands , zugleich mit etwa 77tausend Einwohnern die bevölkerungsreichste. Mit rund der 100-fachen Zahl an jährlich ein(und wieder ab)reisenden Besuchern ist man touristisch ebenfalls ganz weit vorn.
Womit Rügen bis vor ein paar Jahren keinen Blumentopf gewinnen konnte, war Bier. Nicht das die Bewohner und Gäste auf dieses Getränk verzichten mussten, die Versorgung klappte ganz gut.
Aber so was richtig eigenes, das fehlte, denn es gab keine Brauerei auf dem touristisch so begehrten Eiland.
Ein studierter Braumeister änderte diesen Zustand, indem er 2014 die erste Brauerei auf der Insel errichten ließ, 2015 eröffnete und fortan in der "Insel-Brauerei" im Örtchen Rambin Bier braute.
Die Ortsveränderung für den Herrn war nicht sehr groß, hatte er doch zuvor die Betriebsleitung der Störtebeker-Brauerei in Stralsund inne, gerade mal 10 Kilometer entfernt
Raus aus dem Angestellten-Dasein, Selbständigkeit erfahren und mehr eigene Ideen verwirklichen, das dürften die Hauptgründe für den damals 43-jährigen Brauer gewesen sein.
Eine bestehende Brauerei oder eine frei gewordene Marke zu übernehmen, im Mikrobereich in selbst zusammengeschweißten Gärtanks zu brauen - all das kam nicht in Frage.
Irgendwo oder im nirgendwo ? Beides falsch, denn irgendwo könnte jeder z.B. in Großstädten wie Berlin oder Hamburg. Dort sind die Bedingungen für den Bierverkauf gut, zahlungskräftige Kundschaft vorhanden. Oder irgendwo auf dem flachen Lande zwischen Wittenberge und Gardelegen. Weite Flächen, günstige Preise, niemand stört den Betriebsablauf ;-)
Wollte der Herr alles nicht, sondern sah sein Glück und gutes Bier auf der Insel Rügen reifen.
Gut so ! Denn nun gibt es hier eine Brauerei und was für eine !
Der Name ergab sich dabei fast von selbst , " Rügener Insel-Brauerei ". Mehr Wortschöpfung braucht es nicht.
Was es braucht, ist wie bei vielen Neugründungen. Ideen. Die waren reichlich vorhanden.
Und natürlich Geld. Viel Geld.
Oder einen Investor, der welches mitbringt.
Diesen fand Herr Berberich, so heißt der Gründer und Chef der Rügener Brauerei.
Und es wurde geklotzt, nicht gekleckert. Im Neubau mit eigener Solaranlage steckt eine 35-Hektoliter -Brauanlage, die rund um die Uhr von zwei Braumeistern und 5 Brauern in Schwung gehalten wird.
Räumlichkeiten für Verkostung und Kauf der Biere stehen zur Verfügung, Brauereibesichtigungen können jederzeit vereinbart werden ( coronabedingt aktuell Mitte 2020 leider nicht ).
In der Werbung für das Inselbier ist zu lesen "Seltene Biere".
Was macht ein Bier zu etwas seltenem ? Bier ist doch fast so häufig wie Kaffee und häufiger als Sekt überall zu erwerben.
Es sei erklärt.
Es sind vier wichtige Dinge, die diese Bezeichnung rechtfertigen.
Zum ersten erfolgt die Gärung des Biers nicht im geschlossenen Tank, sondern in offenen Gärbottichen.
Dann wird die Reifung ebenfalls nicht in Tanks, sondern direkt in der Flasche durchgeführt.
Drittens verwenden die Brauer nur reine Naturhopfendolden und nicht wie gebräuchlich diese vorbearbeiteten Hopfenpellets.
Ist das Bier dann verkaufsfertig, werden die Flaschen nicht einfach mit einem schön gestalteten Etikett beklebt, sondern vollumfänglich in Naturpapier eingehüllt. Natürlich mit vielen Informationen zum Bier und gezeichneten Bildern bedruckt.
Bier ist lichtempfindlich, steht es längere Zeit dem Tages- oder auch Kunstlicht ausgesetzt, wie es im Regal des Getränkehandels der Normalfall ist, kann sich die Qualität verändern. Und sicher nicht zum Besseren.
Ich kenne das besondere Bier seit mindestens 2 Jahren. Aufmerksam geworden tatsächlich durch die Papierumhüllung, ein echtes Alleinstellungsmerkmal auf dem Flaschenbiermarkt.
Angeboten wird in der bekannten 0,33-l.-Longneckflasche. Und, eine weitere Ungewöhnlichkeit, in Flaschen mit 0,75 l. Inhalt.
Meine erste Wahl hätte beinahe das Ende meiner Trinkbeziehung zum Inselbier bedeutet. Es war eine kleine Flasche " Insel Kreide". 5,6 % vol.alc. bedeuteten einen eher leichten Einstieg in die Rügener Bierwelt. Durch die Flaschenreifung erzeugt das einschenken in ein Glas feinporigen Schaum und ebenso feinperlige Kohlensäure, sieht gut aus. Geschmacklich überhaupt nicht mein Ding. Säuerlich, einer Berliner Weiße nicht unähnlich. Wenig bitter, kein Hopfenaroma. Nee, das war nichts.
Welch Glück, im Laden gleich eine zweite Flasche namens "Baltic Farm". Mit 6,5 %vol.alc. schon ein stärkeres Kaliber. Und schon beim einschenken duftet es nach Hopfen. Dazu ordentliche Bittere und ein würziger Geschmack. Das macht Freude und versöhnt mich umgehend mit dieser Brauerei.
Nach und nach probiere ich mich durch das Sortiment. Es sind runde 15 Sorten verfügbar, mal fällt eine aus dem Programm, etwas neues kommt hinzu. Inzwischen gibt es auch ein Pilsener ( was ursprünglich nicht geplant war, da es auf dem Biermarkt zu viele davon gibt ) und vier alkoholfreie Biere.
In vielen Getränkeabteilungen hier in Sachsen erhältlich, allerdings nie das volle Programm. Alles gibt es hingegen zum Versand im Onlineshop der Brauerei und natürlich direkt in Rambin.
Die Verkaufspreise im Onlineshop entsprechen ungefähr denen hier in den Geschäften.
0,33er Flaschen 2,50 - 3 €, die 0,75er so zwischen 6,50 und 8,50 €.
Nichts für Billigheimer :-)). Aber gut angelegtes Trinkgeld für Biergenießer.[verkleinern]
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