Während unseres Urlaubs in Königstein in der Sächsischen Schweiz, waren wir mehrmals in Pirna. Nicht gezielt, sondern eher durch Zufall, sahen wir das Schild zur Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein. Da mich meine wohl schon angeborene Neugier immer antreibt, stellte sich gar nicht die Frage, ob wir uns diese ansehen oder nicht. Wir folgten nun also dem Schild und fanden auch gleich einen kostenlosen Parkplatz, in unmittelbarer Nähe. Der Eintritt ist frei und ist durch einen Aufzug, sogar... weiterlesen barrierefrei erreichbar. Bis 1939 war auf diesem Gelände, eine Heil- und Pflegeanstalt.
Wir gingen nun ins Haus und stiegen hinab in den Keller. Es lief von irgendwoher Musik. Ergreifend und je länger wir in diesem Gebäude waren, umso kühler wurde mir. Bauliche Reste der ehemaligen Gaskammer, der beiden Verbrennungsöfen und des Schornsteins, sind hier zu sehen, die die „T4-Organisation“, im Gebäude des Männerkrankenhauses C16 einbauen ließ.
20-30 Menschen wurden vom Pflegepersonal in die als Baderaum hergerichtete Gaskammer gebracht, in der sie dann mit Gas erstickt wurden. Danach wurden sie gleich verbrannt. Würde- und respektlos verschüttete man die Asche der Ermordeten anonym auf eine Deponie, oder auf dem Elbhang hinter dem Gebäude. Wenn Angehörige nachfragten, gab man ihnen wahllos einfach etwas Asche.
In einem Raum sind Tafeln mit Fotos von ermordeten Bürgern aus Sonnenstein. Ihre Lebenswege und Schicksale berührten mich sehr. In einem anderen Raum sind drei große Glaswände, wo all die Namen von mindestens 13720 Menschen aufgeführt sind, die in der Zeit von Juni 1940 bis August 1941, bei der nationalsozialistischen „Aktion T4“ in Pirna-Sonnenstein ermordet wurden.
Darunter waren Frauen, Männer und Kinder, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, die dem „Euthanasie“-Massenmord zum Opfer fielen. Sie lebten zuvor in Heil- und Pflegeanstalten, in Altenheimen oder Behinderteneinrichtungen. Sie kamen überwiegend aus Sachsen, Thüringen, Franken oder aus Gebieten, die heute zu Polen oder Tschechien gehören. Die Ärzte, mit ihrer total durchgeknallten Ideologie der Nationalsozialisten, stuften diese Menschen als „lebensunwert“ ein. Und im Sommer 1941, wurde in einer weiteren Tötungsaktion, mit der Bezeichnung „Sonderbehandlung 14f13“, noch über 1000 Häftlinge aus Konzentrationslagern ermordet.
Später versuchten die Nationalsozialisten, die Spuren des Verbrechens der „Aktion T4“ zu vertuschen. Die „Euthanasie“-Morde, gingen jedoch in den Heil- und Pflegeanstalten heimlich weiter.
In den ersten Nachkriegsjahren gab es mehrere Prozesse gegen das Verbrechen. Das Interesse daran, hielt sich jedoch in Grenzen. Es wollte wohl keiner so recht an dieses Menschheitsverbrechen aufarbeiten. Es wurde in der Zeit der DDR komplett verdrängt. Erst 1989 erinnerte man sich wieder langsam daran. Seit 2000 gibt es nun diese Gedenkstätte, die an die Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen erinnert.
Im Dachgeschoss befindet sich eine Dauerausstellung. Hier wird die Geschichte über die einstigen Heilerfolge der Heil- und Pflegeanstalt von Pirna-Sonnenstein. Nach und nach, ist dann zu sehen, wie sich die Ideologie „Rassenhygiene“, vor und nach 1933 besonders in Sachsen ausbreitete.
Alles in allem, ist es eine sehr beeindruckende Gedenkstätte, deren Besuch auf jeden Fall sehr lohnenswert ist.[verkleinern]