Stell Dir vor, es ist Hochzeit…. Und alle haben Hunger. Kurz vor Jahresende stand die standesamtliche Trauung einer Freundin an. Tübingen versank im Nebel, die Autotür ließ sich nur mir Brachialgewalt öffnen, da die Türgummis eingefroren waren. Immerhin erstrahlten Reutlingen und Pfullingen der Feier des Tages angemessen in schönstem Sonnenschein. Nach vierzig Minuten standesamtlichem Zeremoniell und einem Standesbeamten, der in der Lage war, Geschichten mit der Geschwindigkeit eines... weiterlesen
texanischem Rinderversteigerers vom Blatt abzulesen, war der offizielle Teil beendet.
„Mittagessen im Klostergarten“ stand auf der Einladung. Kenne ich nicht… oder besser… kannte ich nicht. Mal überraschen lassen. Nach ein paar Gehminuten erreichte der hungrige Tross aus 14 Leuten das Lokal. Ein paar Stufen vor der Tür sprachen zunächst gegen Barrierefreiheit, aber tatsächlich ist der Eingang auch über eine langgezogene Rampe zu erreichen, die nicht mit dem Gefälle „Eiger Nordwand“ sämtliche Rollstuhlfahrer an den Rand des Wahnsinns treibt.
Das Innere des Lokals präsentiert sich mit einer Mischung aus modern und rustikal. Offengelegte Holzbalken, schöne alte Holztische, die nicht komplett von Tischtüchern behangen, sondern nur mit Sets belegt sind. Alles in allem eine schöne Mischung aus Holz, Weiß und Rot. Das Team ist jung, höflich und nett. Die spontan erschienene Person Nr. 14 macht wenig Sorgen, eilig wird ein Tisch angebaut und das Gedeck erweitert. Toll.
Gegessen wird á la carte und so blättert Jul durch eine nicht überfrachtete, aber durchaus „Qual der Wahl“-lastige Karte. Hier stehen nicht 120 verschiedene Gerichte auf der Karte, aber das braucht es auch gar nicht. Nach ewiger Überlegerei fällt meine Wahl auf ein Pfännchen mit gebratener Hühnerbrust, Bio-Alb-Champignons und hausgemachten Spätzle. Auf Wunsch gibt es dazu noch einen Teller Salat. Nebenan bestellt jemand ein „Bierkutscher-Pfännchen“ mit dreierlei Filetstücken, Champignons und Spätzle. Vis a vis ordert man Biertreber-Schnitzel. Ich bin gespannt. Fast alle Portionen lassen sich übrigens auch als „kleiner Teller“ bestellen.
Nach routinierter Aufnahme der Massenbestellung dauert es eine Weile (fast eine Weile zu lang für so manchen hungrigen Tischgast), bis die Gerichte am Tisch eintrudeln. Alle Gerichte werden innerhalb weniger Minuten serviert und der letzte Hungernde erhält nicht unter Standing Ovations aller anderen (und schon längst fertigen) Mitesser seinen Teller. Alles schon erlebt… Hier klappt aber alles reibungslos. Super!
Vor mir schwebt irgendwann eine Eisenpfanne samt einem Unterlage-Brett ein. Die Portion ist ausreichend. Hungrig muss wohl keiner gehen. Das Hühnerbrustfilet ist schön saftig und hervorragend gebraten, die Spätzle sind sehr lecker. Die Champignons sind auch gut… allerdings frage ich mich, woher man im Dezember frische Alb-Champignons bezieht… also wohl doch Kulturware. Einzig und allein bei der Rahmsoße hat man heftig gegeizt. Die Menge fiel dann doch sehr knapp aus. Als hätte das Küchenpersonal die Wehklagen der Gäste vernommen, wurden eilig noch einige Saucieren mit Soße nachgeliefert. Dann passte auch die Menge und die Spätzle konnten endlich ihren Soßenfreischwimmer machen.
Das Bierkutscher-Pfännchen sah sehr lecker aus und schmeckte wohl auch so (nach behobenem Soßenmangel), das Biertreber-Schnitzel fand ich jetzt optisch nicht so prickelnd, aber lecker war es wohl trotzdem (auch nach behobenem Soßenmangel).
Die Preise sind in Ordnung, wobei ein Rostbraten für 18,90 Euro wohl so manchen Schwaben an die Grenzen der Zumutbarkeit bringt. Den hat leider keiner bestellt… Vermutlich zur Schonung des Gastgeber-Geldbeutels. Ich hätte ja zu gerne gesehen, was und wie viel da serviert wird.
Die Portionen könnten für den einen oder anderen sicherlich noch ein wenig größer sein. Draußen gibt es einen tollen Biergarten, in dem man (so das Wetter es zulässt) sicherlich fein sitzen kann. Die Toiletten sind sauber, alles wirkt ordentlich und ist sehr gut in Schuss.
Alles in allem gibt es von mir bislang vier Sterne. Ich werde ja bald schon wiederkommen. Vielleicht gibt es dann ja Stern Nr. 5.[verkleinern]