Bier an der Küste, geht das ? haben die überhaupt ungesalzenes Wasser zur Verfügung?
Biertrinker wissen die Antwort, JA, es geht. Schließlich haben es die "Großen" mit dem Plop aus der Punkte-Verwaltungsstadt oder die mit dem grünen Etikett aus Ostfriesland in ihren Salzlandmarschen auch drauf. Und wie !
Nicht nur Große können Bier brauen, inzwischen gibt es zahlreiche "Kleine", die es genau so gut bringen. Das muss dann noch nicht mal Craft-Beer heißen.
Das Klüver`s Brauhaus befindet... weiterlesen sich im ostholsteinischen Neustadt direkt am Hafen, unweit des Ortszentrums. Hier wird in überschaubarem Rahmen direkt im haus Bier gebraut. Und natürlich auch ausgeschenkt. Oder heißt es "ausgeschänkt" ? Denn bezahlen muss man schon, verschenkt wird der edle Hopfenstoff nämlich nicht.
Das 2-etagige Gebäude ist äußerlich recht modern, drinnen geht es rustikal zu. Solange es das Wetter zulässt, sollte man sich einen Platz auf der Freiterrasse suchen, diese ebenfalls über 2 Etagen verteilt. Ein herrlicher Blick auf den Hafen mit seinem stetigen Bootsverkehr ( meist private Segler und Motorboote ) läßt das hier am Ort gebraute Bier, 3 Standardsorten Pilsner, Weizen und Dunkelbier sowie saisonale Sorten wie Bockbier, Räucherbier oder Weihnachtsbierb besonders gut munden.
Das Speisenangebot reicht von ständig frisch hergestellten Fischbrötchen ( bis zu 8 verschiedene sind zu haben ) bis zu kräftig, deftigen Fischgerichten mit Holsteiner Bratkartoffeln. Ordentliche Portionen zu einem günstigen Preis.
Die Bedienungen sind sehr flott mit dem Getränkeservice und auch auf das Essen wartet man nicht lange. Allerdings ist Eile hier eher fehl am Platze, viel zu schön ist die Lage am Wasser.
Gelegentlich finden Veranstaltungen statt wie z.B. "Kutter-Rock am Hafen" oder die Feier zum "Weltfischbrötchentag" ( was es nicht alles gibt...).
Parkplätze sind rar, direkt an der Straße wird zwar immer mal was frei, aber Garantien gibt es dafür natürlich nicht. Auch gegenüber auf der anderen Hafenseite herrscht Platznot für zahlreiche PKWs, bleiben die Möglichkeiten in Richtung Innenstadt.
Am besten kommt man allerdings zu Fuß oder mit dem Bus ( als Fahrgast, logisch...), denn im Brauhaus darf es gern mal ein Bierchen mehr sein.
Für interessierte Leser merke ich an dieser Stelle mal noch etwas zur Historie der Familie Klüver an, finde ich persönlich recht interessant.
1973 hatte Joh. Detlev Klüver ein gutes Ein- und Auskommen als Offizier auf einem Tanker auf hoher See, seine Frau Jutta war in fester Anstellung an Land.
Sohn Olaf hatte in diesem Jahr seinen 2. Geburtstag gefeiert.
Soweit alles bestens, wenn da nur die monatelangen Trennungszeiten wegen der Arbeit nicht gewesen wären.
Eine Option war die Übernahme eines Fischhandels, dessen Inhaber in Rente gingen. Die Klüvers hatten bis dato keinerlei Erfahrungen in dieser Branche, aber man konnte ja lernen. Und - man konnte endlich gemeinsam arbeiten, ohne die räumliche Trennung.
Beide kündigten ihre sicheren Arbeitsverhältnisse und wurden als Unternehmer selbständig.
Der am frühen Morgen im Großmarkt Kiel gekaufte Frischfisch wurde tagsüber auf "Tour" mit einem alten Ford Transit "über Land" verkauft.
Später kam mit einem kleinen Stand im FAMILA in Neustadt der erste feste Laden hinzu.
Inzwischen wurden neben dem frischen Fisch bei der Kundschaft Räucherspezialitäten immer beliebter - und teurer.
Der geschäftstüchtige Jungunternehmer baute einen eigenen Räucherofen und traf damit voll ins Schwarze, bald musste ein weiterer Ofen angeschafft werden.
Der Erfolg hielt an und 1985 konnte im Niendorfer Hafen, also am anderen Ende der Lübecker Bucht, ein eigenes Fachgeschäft mit angeschlossener Räucherei gemietet werden.
Inzwischen waren Mitarbeiter eingestellt, ein Imbiss mit frischem Backfisch kam hinzu, schließlich entstand aus der "Fischerhütte" ein echtes Restaurant.
Die beeindruckende Bilanz einer Firmengründung aus dem Nichts heraus setzt sich fort, denn ab dem Jahr 2000 kam der seit 1993 in der Firma tätige Sohn Olaf in die Geschäftsführung und übernahm später den elterlichen Betrieb.
Er brachte gleichzeitig neue Ideen ein und setzte diese um, so wurde in Neustadt das Brauhaus in betrieb genommen, es gab somit wieder ein echtes Küstenbier aus handwerklicher Fertigung.
Im nicht weit entfernten Gleschendorf entstand ein Manufaktur zum räuchern von Fisch und Holsteiner Schinken, weitere regionale Spezialitäten können dort gefertigt und frisch aus dem Ofen in der Region vermarktet werden.
Insgesamt beschäftigt die Familie Klüver rund 80 Mitarbeiter an den verschiedenen Standorten, weiteres Wachstum nicht ausgeschlossen.
Ein prachtvolles Beispiel für Unternehmergeist, der in der heimatlichen Region angesiedelt ist und bleibt.
Meine volle Hochachtung !
Nachtrag Frühjahr 2016
In der unteren Etage gibt es seit 2015 einen separaten Verkaufsraum, wo die Produkte von Klüvers wie Fischbrötchen, Fischspezialitäten, Konserven mit Labskaus, Suppen und Wurst sowie natürlich Klüvers Bier in Flaschen für den "Hausgebrauch" gekauft werden kann.
Haben wir gern genutzt und vor kurzem die letzte Erinnerung an den 2015er Urlaub in der Region Neustadt i.H. mit ein wenig Wehmut durch die Kehle rinnen lassen.
Aber auch mit Vorfreude, denn in wenigen Wochen wird live vor Ort Klüvers Brauhaus besucht und für Nachschub für den heimischen Vorratskeller gesorgt.[verkleinern]