Autopanne war nie mein Thema. Hatte ich einfach nicht. Punkt. Meine Karre ist über 20 Jahre alt und hat mich nie im Stich gelassen, echte Wertarbeit eben.
Andererseits bin ich natürlich im ADAC. Man weiß ja doch nie, und außerdem: Hätten alle Menschen mein technisches Geschick, säßen wir heute noch nackig in Höhlen, würden Wasser aus der Hand in den Mund schöpfen und uns von ausgebuddelten Wurzeln ernähren; im Falle des Falles bin ich also mehr als aufgeschmissen.
Der Fall des Falles kam... weiterlesen
natürlich prompt an einem Tag, der ungünstiger nicht hätte sein können. Bullenhitze. Sonntag. Abends WM-Spiel D:England. Ich draußen auf weiter Flur, bzw. auf der Rennstrecke Stuttgart-Düsseldorf, in Vorfreude auf einen spannenden Fußballabend im Biergarten.
Sehr weit kam ich erstmal nicht, denn bei einem eher zufälligen Blick auf die Temperaturanzeige irritierte mich was ungewöhnliches. Zeiger im roten Bereich. Toll. Zum Glück kam schnell eine Tankstelle.
Es gibt ja Leute, die nur die Motorhaube öffnen und ein bißchen X-beinig am Auto hantieren müssen, und schon kommt jemand angelaufen. "'Tschuldigung, junge Frau, ich bin Kfz-Mechaniker. Wo brennt's denn?" Zu diesen Leuten gehöre ich leider nicht. Vielleicht sollte ich auf längeren Touren eine blonde Perücke mitnehmen. Das alibimäßige Haubenöffnen und hilflos Rumstehen brachte jedenfalls nur amüsiert-schadenfrohe Blicke von vorbeirauschenden Mitverkehrsteilnehmern ohne jede Anteilnahme.
Der Kühler kochte, das konnte ich feststellen. Also abkühlen lassen, Wasser nachkippen, weiterfahren und hoffen.
Jetzt nahte sogar Hilfe. Ein Kerl, hurra! Leider kein Hoffnungsträger, sondern Anzugträger mit dickem Schlitten, auf den ersten Blick war klar:der hat genauso viel Ahnung von Autos wie ich, leider. Aber immerhin wurde ich mit diversen Wasserflaschen aus seiner gutgekühlten Karosse versorgt, zwecks Nachfüllen. Es gibt doch noch echt nette Menschen.
An den ADAC dachte ich kurz. Aber noch war ich optimistisch und dachte, mit Wasserauffüllen wäre das Problem gelöst.
War es zuerst auch, so für 100 km. Dann das gleiche Spiel. Diesmal kam ich nicht so weit. So robbte ich gen Düsseldorf, von Rastplatz zu Rastplatz. Der reinste Nervenstreß. Aber inzwischen war ich ja Profi im Abwarten, vorsichtig Kühlerdeckel anlösen, Druck ablassen, nachkippen. Gut in der Zeit war ich auch immer noch, es konnte knapp zum Anpfiff klappen.
Aber um die 100 km vor der Zielgerade war dann wirklich Ende. Hatte noch mal nachgekippt, auf einem luxuriösen Rasthof mit Burger King, Toiletten und allem Zipp und Zapp. Kurz danach steuerte ich die qualmende Karre dann auf Gottes vergessensten Autobahnparkplatz "mit ohne alles". Nichts ging mehr. Hatte jetzt auch Angst um den Motor, der machte so komische Geräusche.
Zum Glück war ich nicht allein. Auf dem Parkplatz ein "Mitpatient" mit offener Motorhaube. Der kam mit der beruhigenden Mitteilung :"Ich warte schon seit 3 Stunden auf den ADAC, der müßte gleich kommen. Der kann Sie ja dann gleich mitverarzten." Ja, dachte ich auch.
Wir schwitzten ein bißchen rum und lamentierten über unser Pech, ausgerechnet heute, da nahte er schon, der gelbe Engel. Während er sich am Auto des Kollegen zu schaffen machte, schlich ich zu meinem, um mal wieder routiniert "Dampf abzulassen". Leider hatte ich den Abkühlungsgrad überschätzt und Kühlerdeckel nebst einer Riesenfontäne Kochwasser schoß mir haarscharf am Gesicht vorbei. Ja, ich weiß, wie kann man nur so blöd sein-da hab ich mehr als Glück gehabt.
Kein Glück hatte ich mit dem gelben Engel. Nein, er kann mir nicht helfen. Da müßte ich den ADAC anrufen. Könnte aber dauern, die Leitungen sind total überlastet. Handyakku fast leer? Nein, da kann er nix machen, kann auch per Funk keine Verstärkung anfordern. Nein, mal eben reingucken auch nicht. Ja, vielleicht ist es nur eine Kleinigkeit, aber nein, es geht nicht. Immerhin konnte ich ihm noch wenigstens aus der Nase ziehen, wo genau ich mich eigentlich befand. Dann war er weg.
Und ich hockte in der Hitze, kein Klo, kein trinkbares Wasser, kein schattenspendender Baum. Außer mir auf diesem Kappesfeldparkplatz nur noch ein tschechischer LKW, dessen Fahrer vermutlich im Tiefschlaf lag. Sehr anheimelnd.
Die letzte Akkureserve nutzte ich, um Hilfe von der Heimatfront in Form eines technisch versierten Freundes zu rufen. Liebend gern hätte ich auch noch den ADAC angerufen, um wutschnaubend meine Mitgliedschaft zu kündigen.
Fußball war natürlich gestorben. Traute mich auch nicht mehr, das Auto anzulassen, um wenigstens im Radio das Spiel zu hören. Zu Lesen hatte ich natürlich auch nix dabei. Es war das Grauen.
Lange Rede, kurzer Sinn:Nach einer gefühlten Ewigkeit nahte mein Retter und stellte nach kurzem Blick in die Eingeweide des Fahrzeugs und ein bißchen Rumfummeln in denselben fest, wo der Schuh drückte: Klemmendes Kühlerthermostat. Das war's. Wir fuhren heim. Die Karre überhitzte noch ein einziges Mal. Da reichte ein Ruckeln an gewissen Teilen und alles lief wieder normal.
Das hätte der ADAC-Engel mit Sicherheit genauso schnell gesehen, wenn er denn gewollt hätte. Ich haßte ihn.
Den ADAC-Austritt habe ich dann irgendwie verpeilt.
Zum Glück!
Das nächste Erlebnis dann jetzt in aller Kürze, falls überhaupt noch einer von Euch mitliest: Brachte das Auto zu einem Autoaufbereiter, um ihm mal eine Befreiung von der Sonderlackierung "Paris-Dakar"zu gönnen. Motorwäsche war nicht vereinbart, wurde aber wohl-unsachgemäß-gemacht. Jedenfalls rief man mich an:"Die alte Karre ist hin, die springt nicht mehr an". Ich eilte voller Angst zum Ort des Geschehens; in der Tat. Fachmännisch empfahlen mir die Autowäscher, diese antike Gurke doch direkt zum Schrottplatz schleppen zu lassen. Ich haßte sie.
Also zweite Chance für den ADAC. Lange hat's gedauert, aber dann nahte der echte wirkliche Engel, der alles wieder gut machte. Schaute rein, nahm mich-Nervenbündel, 3 Zigaretten im Mund-väterlich am Arm und meinte:"Keine Angst, Kindchen, was Schlimmes ist es auf jeden Fall nicht, bleiben sie ruhig." Zum Autowäscher:"Sie haben bei diesem Wagen wohl eine Motorwäsche versucht. Der ist völlig abgesoffen, so was hab ich noch nie gesehen." Eine Stunde später hatte der Engel in mühevoller Arbeit alles trocken gelegt und mein geliebtes Teil schnurrte wieder. Meine Mitgliedskarte hatte ich natürlich nicht dabei. Trotzdem verzichtete mein Retter auf die in diesen Fällen wohl normale "Vorabbezahlung" und ersparte mir ein nerviges Erstattungsantragsverfahren. Ich liebte ihn.
Und so habe ich doch beschlossen, im ADAC zu bleiben. Vielleicht war mein Erlebnis auf dem Rastplatz ja wirklich eine Ausnahme oder den besonderen Umständen (Fußball!) geschuldet. Und faule Eier gibt's auf jedem Hühnerhof. Ich bin jedenfalls wieder einigermaßen versöhnt. Bewertung daher: 2 Minussterne für die erste, satte 5 Sterne für die zweite (und hoffentlich letzte) Pannenhilfe![verkleinern]