Eines der bekanntesten in der DDR entstandenen Großgemälde steht heute auf einer Anhöhe bei Löbichau im Altenburger Land an einem ehemaligen Wismutgelände. Sein Titel: "Die friedliche Nutzung der Atomkraft". Es handelt sich um Einbrennmalerei auf über 300 emaillierten Stahlblechen, 16 x 12 m, 1972-1974 von Werner Petzold (1940-2023) geschaffen. Der ursprüngliche Standort dieses Gemäldes war ein Verwaltungsgebäude der Wismut.
In leuchtenden Farben und einem Malstil, der an Comics und Pop... weiterlesen Art erinnert (die beide in der DDR tendenziell verpönt waren), stellte Petzold hiermit die Tätigkeit der Wismut-Kumpel in einem geschichtsteleologischen Rahmen dar: Die Basis des Bildes wie der Geschichte bildet die Arbeit; darüber erheben sich Figuren, die nach vorn, mithin in die Zukunft, und damit auf den Betrachter weisen.
Das rote eckige Element in der Bildmitte, das die Bewegungsrichtung vorgibt, scheint ein Buch zu sein, und bei den darüber befindlichen weißen Blättern dürfte es sich um Druckbögen handeln. Buch und Papierblätter als Wissensspeicher werden dem Betrachter entgegengestreckt als Aufforderung, sich an der wissensgetriebenen Arbeit zu beteiligen.
Die Darstellung der Maschinisten in der unteren Bildhälfte folgt der Konvention, die Wirkmächtigkeit des Arbeiters durch seine Physis anzuzeigen. Neu ist, dass Petzold einen seiner Maschinisten während der beginnenden Digitalisierung Anfang der 1970er-Jahre an einem Schaltpult platziert.
Ausweislich seines Titels ist das Sujet dieses Bildes die friedliche Nutzung der Atomkraft. Das von der Wismut in Thüringen und Sachsen geförderte Uran diente natürlich nicht nur friedlichen Zwecken, sondern wurde auch in russischen Atomsprengköpfen verbaut, und die Diskrepanz zwischen Darstellung und Wirklichkeit ist natürlich kein Spezifikum von in der DDR entstandener Kunst.
Nachdem sich Petzold 1983 in die BRD abgesetzt hatte, malte er u.a. Altarbilder und Kirchenfenster. Eines dieser in der BRD entstandenen Werke sind die Altarretabeln der Lauensteiner Kirche. Die Gestik des darauf abgebildeten verklärten Christus, der über den Jüngern schwebt, gleicht derjenigen der Frau oben rechts auf dem Wismut-Großbild, und der Purpurmantel Christi bauscht sich im Wind wie die rote Fahne in der Hand jener in die Zukunft weisenden Frau.[verkleinern]