Wie alle meine Herzchen hat auch dieses seinen Hintergrund, allerdings ist er diesmal nicht weiblichen Geschlechts. Ich habe aber auch nicht plötzlich die Polarisierung gewechselt, weil diesmal meine Bewunderung auf einen Mann gerichtet ist. Sie rührt hauptsächlich daher, dass der Betreiber einer Profession mit allgemein etwas zwielichtigem Leumund wie es einst die Pferdehändler, auch Rosstäuscher genannt, waren, buchstäblich ALLES tut, um diesen Makel in seiner kleinen Firma gar nicht erst... weiterlesen
hochkommen zu lassen.
Meinem frustrierten und faulen Vorschreiber sei an dieser Stelle nur mitgeteilt, dass im Pferde- wie auch im Fahrzeughandel, ob neu oder gebraucht, gewisse althergebrachte Bräuche herrschen, die zwar nirgends niedergeschrieben sind, deren Kenntnis aber zur Allgemeinbildung für den Hausgebrauch gehören. Auch wenn Finanzierungs- und Leasingangebote durchaus in sind um in diesem schwierigen Geschäft überhaupt Umsatz zu machen, für den, der Bares auf den Tisch legt, werden alle Lichter sofort grün, auch wenn es nur ein Teil der Kaufsumme ist. Über die sich daraus ergebenden Vorleistungen durch den Händler wird dann im Einzelnen diskutiert, aber das Zielobjekt ist erstmal sichergestellt und gegen anderweitige Veräußerung geschützt. Am besten, er bucht sein Erlebnis als Lebenserfahrung, so wie ich es einst vor 40 Jahren auch tun musste, es wird nicht die Letzte dieser Art sein.
Wie kam es zu dieser angesichts der Distanz von ca. 100 km nicht gerade naheliegenden Begegnung? Also ein klein wenig Vorgeschichte:
Szenario: Nasse Dunkelheit auf dem Weg von zuhause in Richtung Leutkirch. Die Ortseinfahrt von Arnach ist stark abschüssig und kurvenreich, deshalb begann ich schon oben auf dem Plateau von Schreinermann zu verzögern zumal ich erkennen kann, dass ich Gegenverkehr haben werde. Dieser schnitt die letzte Steilkurve, so wie es jeder tut, auch ich, allerdings nahm er nicht die F1-Ideallinie sondern er ‚fraß‘ in die Kurve hinein und kam mir in Fahrbahnmitte entgegen. Mir blieben nur Zehntelsekunden zu Entscheidung: Den rechten Straßenrand ziert eine Reihe uralter Obstbäume, die zu verletzen als Verbrechen geahndet wird. Das instinktive Vollbremsmanöver führte auf der bereits abschüssigen und regennassen Fahrbahn allenfalls dazu, dass ich vom ABS knatternd ausgelacht wurde, aber wenigstens blieb ich in Fahrtrichtung und konnte sogar ganz nach rechts außen auf das gepflasterte Bankett steuern. Dann lernte ich was dazu nachdem ich in den Jahren zuvor von einem Fiesta- und einem Corsa-Airbag nicht unerheblich verletzt wurde: Die Detonation eines Laguna-Airbag ist dagegen eine Streicheleinheit, ich war vom seitlich frontalen Aufprall des Gegners nicht einmal benommen.
Freundlich besorgte Helfer waren sofort zu Stelle, ich bat sie, sich um den Gegner zu kümmern, mir ginge es soweit gut. Doch auch sein Mitsubishi-Rettungssystem hatte klaglos funktioniert, außer dem verständlichen mentalen Schock konnten wir nichts weiter feststellen. Der Rest war Routine, Unfallaufnahme durch die Polizei, Bergung meines nicht mehr fahrtüchtigen Autos durch den Chef von
https://www.golocal.de/leutkirch/pannendienste/mueller-hans-abschleppdienst-kranverleih-f5mI/
der auch das Abwickeln der Unfallfolgen für das Fahrzeug wie z.B. das Erstellen des Gutachtens und dessen Übergabe an einen ihm bekannten Anwalt veranlasste. Er machte auch für den Restwert das höchste Gebot und erhielt demzufolge auch den Zuschlag. Der Anwalt setzte sich recht schnell mit mir in Verbindung und ich überließ ihm alles, was ich bis dato über den Gegner mit Hilfe des Polizeibeamten‚ vor Ort in Erfahrung bringen konnte. Er nannte mir den ungefähren Betrag, den ich von der gegnerischen Versicherung zu erwarten hatte und erklärte mir, warum er diesen derzeit noch nicht auf den Cent genau beziffern konnte, er werde nämlich versuchen, aus der Versicherung das maximal Erhältliche herauszupressen. Denn erfahrungsgemäß lässt auch der Geschädigte eines Unfalles finanziell nicht unerheblich Federn, sofern er nicht gerade einen Neuwagen besitzt oder besaß. Aber mit dem genannten Betrag könnte ich mich schon mal an einen Wiederbeschaffungsversuch machen.
Dann tat ich das Beste, was ein leidgeprüfter Familienvater in diesem Fall tun konnte: Ich beauftragte die Damen des Hauses mit der Exploration, dann konnte ich schon nichts falsch machen und mich gelegentlich beißender Kritik aussetzen. Die nur leicht missratene Kurze navigierte sehr zielbewusst im Internet und hatte recht schnell ein Fahrzeug gefunden, von dem SIE der Meinung war, dass ihr sowas gefallen würde. Meine Gutste äußerte sich gar nicht und ich bin mir selbst jetzt, da das Auto auf dem Hof steht, immer noch nicht sicher, ob eine kleine ‚Zitrone‘ (Citroen C3) das Gelbe vom Ei ist. Aber die Damen fuhren guten Mutes nach Langenau um das Vehikel in Augenschein zu nehmen und bei Gefallen in Vorverhandlungen zu treten.
Sie blieben verdächtig lange, aber als sie wiederkamen waren 10% des Kaufpreises angezahlt, hierfür gab es eine Quittung und den Fahrzeugbrief sowie den alten ungültigen Schein wegen der technischen Daten. Und die Zusage, den Wagen am nächsten Werktag dem TÜV vorzustellen. Nein, probefahren konnten sie nicht, der Chef war nicht da und nur ER hat den Schlüssel zum Tresor, in dem die Fahrzeugschlüssel aufbewahrt werden. UND natürlich auch die vielen Tausender die täglich umgesetzt werden. Das Ambiente sei irgendwie ausländisch, aber eindeutig nicht osteuropäisch und eigentlich auch nicht türkisch, mache aber einen soliden, ordentlichen Eindruck. Da meine Gutste zu meinem Leidwesen darin sehr penibel ist, konnte ich ihr das ohne weiteres abnehmen.
Ich war etwas frustriert, ohne mein Zutun war ich gezwungen worden, den schönen großen Laguna mit seinem 135 PS Dieselbums gegen einen Kleinwagen mit mickrigen 72 Benzin-PS auszutauschen, alles nur aus versicherungstechnischen Erwägungen. Nur in EINER Beziehung war der Griff ein Guter: Der Führerschein der Kurzen ist noch druckfeucht und ihre Probezeit kann nur absolviert werden, wenn sie entweder selbst Halter eines Kfz ist oder in einem Familienfahrzeug als ständiger Benutzer eingetragen wird. Da ich auf SF22 fahre war es angebracht, den Fratz auf MEIN Auto zu nehmen, das kostete mich beim Laguna einen Aufschlag von rd. 60% und eine Jahresprämie von insgesamt ca. 500 € mit Teilkasko. Für die gleiche Jahresprämie kriege ich nun für die Zitrone eine Vollkasko, angesichts der jugendlichen Fahrweise bestimmt nichts Verkehrtes. Außerdem bin auch ich bei aller Fahrerfahrung nicht fehlerfrei, wie mein Freiflug von der Straße in eine Baumkrone vor 14 Monaten beweist. Und so ein Herzstillstand kann mich jederzeit wieder treffen, die Ursache dafür wurde nie herausgefunden.
Endlich kam das Geld von der gegnerischen Versicherung, ich rief in Langenau an und fragte nach, in welcher Form die 4000 € willkommen seien. Bitte keine Rolle aus Scheinen a 10 €, er fände das affig. Am liebsten seien ihm 500 € Scheine, ER habe kein Problem mit der Sicherheit, DIE werden höchst selten gefälscht weil sie kaum in Umlauf sind. Am Nachmittag ritten wir geschlossen im Car-Center ein, Tor war offen aber außer ein paar Interessenten kein Mensch da. Im Zentrum des Freigeländes steht eine Baracke mit überdachter und möblierter Veranda, auf dem Dach thront ein weithin sichtbares selbstleuchtend postgelbes Kleinauto als ‚Wegweiser.
Meine Damen flegelten sich gleich auf den Zwitter zwischen Gartenbank und Plüschsofa. Gerade als ich mich ebenfalls auf einen der Stühle niederlassen wollte ‚verdunkelte sich die Sonne‘, um die Ecke der Baracke bog ein Hüne, dem nur der Flügelhelm fehlte um als nordischer Ase in Wagners Götterdämmerung auftreten zu können. Und ein Besuch beim Friseur wegen der etwas unpassenden pechschwarzen Frisur und dann auch noch beim Visagisten, um die rötlich-tiefbraune Gesichtsfarbe zu tünchen. Also ein Türke war das mit Sicherheit nicht!
Vor vielen Jahren, genau genommen im Herbst des Jahres 1981, hatte ich das Glück, für 3 Monate im Iraq als Sportlehrer Gast der Regierung zu sein. Meine Kontaktperson war ein Fallschirmjäger-Brigadier mit ähnlichen Konturen wie Herr Akkaya sie herumzeigte, also eigentlich völlig unarabisch. Gesprächsweise konnte ich von Gen. Mohammed erfahren, dass er irakischer Kurde sei und aus Mosul stamme. Aha!
Während Herr Akkaya in seinem allerdings gut ausgerüsteten Minibüro die Papiere, also Kaufvertrag, Garantievertrag etc. fertigmachte betrachtete ich neugierig und interessiert das Interieur des kleinen Raumes. Ganz besonders fiel mir ein christliches Symbol auf, die Reproduktion eines bekannten Bildes von einer betenden Gottesmutter Maria im Schleier. Dieses Bild verwirrte mich, unterstellte ich Herrn Akkaya doch allenfalls Zugehörigkeit zum Islam. Meine vorsichtige Frage beantwortete er mit einer Gegenfrage, nämlich ob ich Professor oder Lehrer sei. Meine ehrliche Antwort verwirrte wiederum IHN, aber meine Feststellung, dass ich dennoch schon in Mosul und Erbil gewesen sei, ließ sein Gesicht aufleuchten und er gestand, ein Angehöriger einer der vielen im Kurdengebiet ansässigen altchristlichen Konfessionen zu sein, so wie es z.B. die ins Gerede gekommenen Jesiden sind. Es stellte sich heraus, dass viele Bräuche, die in unserer westlichen Kultur als islamisch definiert sind, in Wirklichkeit wesentliche Grundsätze aller dortigen Kulturen sind. So hält sich Herr Akkaya z.B. an den Ramadan, er isst kein Schweinefleisch und gegessen wird grundsätzlich nur mit der rechten Hand, die Linke hat andere Aufgaben.
Ich sah Herrn Akkaya an, dass er eine gewisse Freude an dieser Wendung unserer Unterhaltung empfand und er gerne gewusst hätte, was mich damals dazu gebracht hatte, seine Heimat aufzusuchen, aber meine Gattin unterbrach das Gespräch mit dem Argument, dass sie noch einen Termin in Bad Wurzach hätte und wir aufbrechen sollten. Also wurden wir wieder sachlich, die 4000 € wanderten in den Tresor und ich kriegte eine Mappe mit dem Garantievertrag und dessen präzise definierten und dennoch gut verständlichen Bestimmungen, dann holte er den Wagen aus dem ‚Verkauft‘-Winkel des umfriedeten Areals und fuhr ihn vor, machte uns auf den fast leeren Tank aufmerksam, wünschte uns viel Glück und allzeit gute Fahrt.
Resümierend würde ich feststellen, dass sich für jemanden, der in bis zu 100 km Umkreis von Ulm wohnt, allemal ein Blick auf die Homepage lohnt, wo unter
http://www.carcenter-langenau.de/index.php?site=fahrzeuge
Herrn Akkayas ständig aktualisierter Bestand detailliert aufgelistet ist. Am Kopf der Seite findet sich unter der ‚Empfehlung des Hauses‘ sogar ein interaktives Suchfenster in dem man durch Eingrenzen seiner Wünsche recht schnell gefunden hat, was man sucht. Oder manchmal eben auch nicht.[verkleinern]