- bestätigt durch Community
- Ausgezeichnete Bewertung
Die Kirchenruine St. Barbara steht – umgeben von Laubbäumen - auf einer Anhöhe am südwestlichen Ortsrand von Langensteinbach, dem mit ca. 6.400 Einwohnern größten Teilort der Gemeinde Karlsbad.
Wie findet man die Ruine?
Auto- und Radfahrer folgen in Langensteinbach der Hauptstraße in Richtung Ittersbach. Kurz vor dem Ortsende von Langensteinbach biegt man – den weißen Hinweisschildern „Kurfürstenbad Langensteinbach/St.Barbarakapelle/Bibelheim Bethanien“ folgend – nach rechts in die... weiterlesen Römerstraße ab.
Parkmöglichkeiten gibt es entweder
1. auf dem öffentlichen Parkplatz, der sich auf der linken Seite sofort nach dem Abbiegen in die Römerstraße befindet,
2. in der Kurfürstenbadstraße (erste Querstraße nach dem Abbiegen links) oder
3. der Römerstraße weiter folgend – in der Nähe des Bibelheims Bethanien (Parkplätze an der 1. Querstraße rechts).
Je weiter man die Römerstraße bergaufwärts gefahren ist, um so geringer ist die Steigung, die auf dem 200 bis 300 m langen, geschotterten Waldweg zu Fuß oder mit dem Rad zu bewältigen ist, um zur Ruine zu kommen.
Zur Geschichte der Ruine:
Die spätgotische Kapelle wurde um 1330 durch Mönche des etwa 15 km von Langensteinbach entfernten Klosters Herrenalb erbaut. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kapelle im Jahr 1432 als „capella sanctae Barbarae“.
Die Kapelle war von 1450 an über einen Zeitraum von ca. 150 Jahren hinweg ein beliebter Wallfahrtsort.
Zweimal im Jahr fand in Gegenwart einer großen Volksmenge der Markt vor der Wallfahrtskirche statt.
Nach der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts endeten die Wallfahrten. Da das Kloster Bad Herrenalb - und damit auch die St. Barbara-Kapelle - seit dem Jahr 1338 unter der Schirmherrschaft des Hauses Württemberg gestanden hatte, und Herzog Ulrich von Württemberg (1487 – 1550) in den Jahren 1534 bis 1537 die Reformation eingeführt hatte, wurde das Wallfahrtswesen durch den Herzog von Württemberg als Oberhaupt der evangelischen Kirche Württembergs abgelehnt.
Es soll aber noch viele Jahre gedauert haben, bis die letzten Wallfahrer ausblieben.
Im Langensteinbacher Lagerbuch von 1605 werden die ersten Verfallserscheinungen an der Kirche beschrieben. Obwohl die Bedachung am Langhaus und Chor noch im Jahr 1663 erneuert worden war, begann zu Beginn des 18. Jahrhunderts der endgültige Zerfall der Anlage. Im Jahr 1707 wurde der Dachstuhl im Verlauf des spanischen Erbfolgekriegs zerstört, im Jahr 1750 wurde das Turmdach abgetragen. Im Jahr 1818 war St. Barbara restlos zur Ruine geworden und blieb das gesamte 19. Jahrhundert dem Verfall und der Ausplünderung durch die Bevölkerung (Baumaterial) und das Militär (Abbau des Bleibodens im Dach durch napoleonische Truppen und Verwendung des Materials zum Kugelgießen) ausgesetzt.
Erhaltungsmaßnahmen:
Bemühungen um den Erhalt der Anlage gab es erst seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts. In den Jahren 1902 bis 1908 wurden Kapelle und Turm restauriert. Erhalten sind heute noch die eindrucksvollen Umfassungsmauern von Langhaus, Chor und Chorseitenturm sowie die Krypta.
Seit 1935 ist der Turm als Aussichtsturm für die Öffentlichkeit zugänglich. Dazu wurde eine Wendeltreppe aus Beton im Kirchturm installiert. Im Jahr 1966 wurde eine Aussichtsplattform auf dem Turm errichtet. Der Aussichtsturm ist jederzeit frei zugänglich, wegen der Wendeltreppe allerdings nicht für Rollstuhlfahrer oder extrem gehbehindert Personen. Von der Aussichtsplattform hat man eine schöne Sicht auf Langensteinbach.
Die Gemeinde Karlsbad setzt sich nach wie vor dafür ein, ihr Kulturdenkmal Schritt für Schritt durch eine denkmalgerechte Sanierung vor dem Verfall zu bewahren. Im Jahr 2009 wurde die Ruine saniert (Bestandssicherung und Abdichtungsmaßnahmen, Erhöhung des Geländers der Aussichtsplattform).
Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg hat die Gemeinde bei der Instandsetzung des Natursteinmauerwerks unterstützt. Die Ruine von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg zum „Denkmal des Monats April 2014“ ernannt.
Geschichten und Sagen:
Um die St. Barbara-Kapelle ranken sich nicht wenige Sagen, teils mit weißen Frauen, teils mit schwarzen Männern als Protagonisten. Sie hier alle zu erwähnen, würde zu weit führen. Wer Interesse hat, findet sie über die Suchmaschinen im Badischen Sagenbuch II aus dem Jahr 1846.
Am besten gefällt mir eine Sage, wonach es von der St. Barbara-Kapelle bis ins ca. 9 km entfernte Ettlingen einen unterirdischen Gang geben soll. Bisher wurde jedoch weder ein Eingang noch ein Ausgang gefunden. Golocal-User sind daher herzlich eingeladen, nach Einholung einer behördlichen Genehmigung Grabungen durchzuführen.
Sollte der Gang gefunden werden, werde ich selbstverständlich darüber berichten … ;-)
Heutiger Zustand der Ruine:
Von der St. Barbarakapelle sind noch Überreste des Langhauses, des Chors und des daran anschließenden Turmes, der zum Aussichtsturm umgebaut wurde, erhalten.
Am Langhaus sind noch die Westwand mit Giebel, die Triumphbogenwand mit Giebel und die Südwand bis zum Dachgesims erhalten, die Nordwand ist in weiten Teilen zerstört.
Der Turm ist bis zum Dachgesims erhalten.
Auf einer am Eingang zum Aussichtsturm angebrachten Bronzetafel sind in chronologischer Reihenfolge die wichtigsten Geschehnisse in der fast 700-jährigen Geschichte des Bauwerks dokumentiert.
Jeden Sommer treffen sich die Mitglieder der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinden zu einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Gelände der St. Barbara-Kapelle.
Im Außenbereich befinden sich mehrere hölzerne Tische und Bänke, die zum Ausruhen oder zum Picknick einladen. Bei meinem Besuch habe ich auch eine Feuerstelle gesehen. Ob die Forstverwaltung dort das Grillen offiziell erlaubt, wage ich zu bezweifeln, denn der Platz ist im Verzeichnis der gemeindlichen Grillplätze nicht als offizieller Grillplatz ausgewiesen.
Leider ist die Anlage offenbar beliebter Austragungsort für kleine oder größere Saufgelage und Feiern. Als ich das Gelände zum Fotografieren besuchte, lagen Feierüberreste und Abfälle wild auf der Anlage verstreut. Eine Reinigung war dringend erforderlich. In welchen Abständen die Gemeinde die Abfälle beseitigt, weiß ich nicht.
Fazit:
Die Ruine ist zwar keine Top-Sehenswürdigkeit. Für heimat- und kirchengeschichtlich Interessierte kann sie aber ein durchaus lohnendes Etappenziel bei einer Wanderung oder Fahrradtour sein, zumal in der unmittelbaren Umgebung der Ruine beschilderte Rundwege und ein Baumlehrpfad zu Spaziergängen und kleinen Rundwanderungen durch die herrlich schattigen Wälder einladen.
Ich bewerte das Denkmal daher mit soliden 4 Sternen.[verkleinern]
Der Beitrag wurde zuletzt geändert