Wie so viele Parks im Hamburger Westen ist auch der oberhalb der Elbe liegende Hirschpark aus einem herrschaftlichen Anwesen entstanden. Der Hamburger Kaufmann Johan Cesar IV Godeffroy erwarb 1786 den Grund und Boden und ließ darauf einen Landschaftsgarten im englischen Stil anlegen.
Schon vorher muss sich dort ein Landgut befunden haben. Darauf weist die etwa 300 Jahre alte vierreihige Lindenallee hin, die auf das alte Bauernhaus zuläuft, in dem sich heute das nette Restaurant „Witthüs“... weiterlesen befindet.
Dieses Bauernhaus wurde Godeffroys Gästehaus. Für sich selbst ließ er von dem damals am Anfang seiner großen Karriere stehenden dänischen Baumeister Christian Frederik Hansen ein klassizistisches Landhaus errichten, das nach dem 2. Weltkrieg ein Tonstudio der Deutschen Grammophon beherbergte und in dem sich heute die Lola Rogge Schule befindet, eine Berufsfachschule für Tanz und Performance mit Unterrichtsangeboten auch für Laien.
Nur drei Generationen der Godeffroys konnten den Park genießen. Nach dem Konkurs ihrer Firma wurde das Landgut 1889 an den Altonaer Zigarrenfabrikanten E.A. Wriedt verkauft. 1921 ging der Park an den Holzkaufmann F.W. Nather und nach dessen gewaltsamen Tod 1924 an die Gemeinde Blankenese.
Der Hirschpark heute ist mit seinem Wildgehege ein besonderer Anziehungspunkt für Kinder. Es werden dort Damwild und Pfauen gehalten. Ein Besuch lohnt sich besonders, wenn im Frühjahr die Rhododendren hohe blühende Wände bilden. Sehenswert ist die im vollen Laub stehende Lindenallee. Dank der Hilfe eines Fördervereins ist auch der kleine im französischen Stil angelegte Schaugarten wieder repräsentativ.
Ansonsten gilt auch für diesen Park, dass Hamburg viel Neues anfängt, deswegen aber für die Pflege schöner alter Orte kein Geld mehr hat: die Sichtachsen zur Elbe sind weitgehend zugewachsen, die Teichanlage ist verschlammt, der Tunnel, durch den die Godeffroys Ihre Gäste zu einer Aussichtsplattform führen konnten, ohne den Kontakt mit dem gemeinen Volk befürchten zu müssen, ist in einem hässlichen Zustand, der Kinderspielplatz eher unzeitgemäß.
Und es ist nicht nur der Glanz vergangener Epochen verflogen, sondern auch die Möglichkeit für Kinder, Eicheln zu sammeln und dort gegen geringen Lohn als Tierfutter abzugeben.
Wer sich vertiefend mit den Parks entlang der Elbchaussee befassen möchte, dem sei folgendes Buch empfohlen: Hamburger Elbblicke, Autorin Katrin Schmersahl, Ellert & Richter Verlag.
Entgegen landläufiger Ansicht liegt der Hirschpark nicht in Blankenese, sondern seit einer im Jahre 1938 durchgeführten Gebietsneuordnung im direkt östlich angrenzenden Nienstedten. Die Straße Mühlenberg markiert die Grenze der beiden Hamburger Vororte.
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Update vom Mai 2015:
Es hat sich ordentlich etwas getan in diesem Park. Einiges ist freigeschnitten und renoviert worden. Jetzt ist es wieder „mein“ Park, so wie ich ihn seit meiner Kindheit her liebe. Deswegen erhöhe ich die Bewertung auf die vollen 5 Sterne.
Inzwischen ist mir ein weiteres Buch in die Hände gefallen. Es stammt aus dem Jahr 1897, trägt den Titel "Aus der Vorzeit von Blankenese" und ist von Richard Ehrenberg geschrieben worden (Reprint 1972, Verlag D.u.K.Kötz)
Danach ist das Gelände 1620 von dem Bauern Jochim Könke an den "ehrenfesten, hochachtbaren und vornehmen" Hamburger Tuchhändler Albrecht Oldehorst verkauft worden (Die Gegend gehörte bis 1938 nicht zu Hamburg).
1716 wurde der Hof, der bis dahin sieben weitere Mal den Eigentümer gewechselt hatte, zwangsversteigert. Der Erwerber arrondierte ihn um eine benachbarte halbe Hofstelle, auf der später eine Amidamfabrik errichtet wurde (Amidam=Amelmehl=Stärkemehl aus Weizen).
Nach mehreren weiteren Eigentumswechseln gingen die Grundstücke dann an die Godeffroys, und damit trat die Kontinuität ein, in der der Ausbau zum Herrensitz möglich wurde.
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