Wer bei „Roter Turm“ jetzt einen kommunistischen Anschlag auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder ein Relikt aus DDR-Zeiten vermutet, liegt gründlich daneben: ein „Roter Turm“ wird seit dem 14. Jahrhundert in Halle erwähnt. Gemeint ist damals allerdings wohl ein anderes Bauwerk, denn der heutige Turm wurde erst im 15. Jahrhundert erbaut, hieß zunächst „Neuer Turm“ und wird seit dem 17. Jahrhundert „Roter Turm“ genannt, vermutlich wegen des rötlichen Kupferdachs des Turms, das... weiterlesen später allerdings die typische grüne Kupferpatina annahm. Nach anderen Quellen trägt der Turm seinen Namen nach dem ausführenden Baumeister Rode bzw. nach den zu Füßen des Turmes stattfindenden Blutgerichten.
Der 84m hohe Turm wurde von 1418 bis 1506 als freistehender Uhren- und Glockenturm der benachbarten Marktkirche „Unser lieben Frauen“ erbaut und steht ziemlich genau in der Stadtmitte des alten Halle. An gleicher Stelle gab es vorher auch bereits einen einzelnen Glockenturm.
Der steinerne Turm wird von einem kupfernes Helmdach abgeschlossen. Ursprünglich befanden sich am Turm zahlreiche kleine Häuser mit Läden, die wegen Kriegsschäden und der Neugestaltung des Marktplatzes nach 1945 abgetragen wurden, so daß der Turm heute wirklich freistehend ist.
1854 wurde am Turm der Hallische Roland aufgestellt. Der 2. Weltkrieg brachte fast das Ende des Turms. Zwar überstand er die US-amerikanischen Luftangriffe auf die Stadt, wurde aber in der Nacht vom 15. zum 16. April 1945 beim Angriff der US-Army auf Halle von einer Panzergranate getroffen. Die Amerikaner vermuteten wohl deutsche Artilleriebeobachter im Turm. Der verlor mit dem Turmhelm fast die Hälfte seiner Höhe und brannte völlig aus. Erste Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten konnten erst 1955 durchgeführt werden. Der gesamte Wiederaufbau zog sich bis 1976 hin. Umbau und Neugestaltung des Marktplatzes fanden 2006 mit der Neuaufstellung des Rolands am Turm ihren Abschluß.
Heute steht der Rote Turm wieder in alter Schönheit als Wahrzeichen von Halle auf dem Marktplatz und ist einer der 5 Türme von Halle (4 Türme der Marktkirche und der Rote Turm). Er hat auch in der Kunst seine Spur hinterlassen. Ernst Ludwig Kirchner, Caspar David Friedrich und Lyonel Feininger verewigten den Turm z.B. in ihren Bildern. Eines der Feininger-Bilder des Turms ist heute in der Moritzburg Halle zu sehen.
Da das alte Glockenspiel beim Brand von 1945 zerstört wurde, wurde1999 ein neues Glockenspiel, gegossen in Apolda und Karlsruhe, in den Turm eingebaut. Die größte Glocke („Dame Händel“) wiegt über 8 Tonnen, die kleineste Glocke dagegen nur 10 kg. Mit seinen 78 Glocken ist es das zweitgrößte Carillon der Welt, übertroffen nur von einem Spiel in den USA mit 77 Glocken. Zusammen mit den 5 Glocken für den Stundenschlag kommt der Rote Turm allerdings auf insgesamt 81 Glocken. Neben der Stundenmelodie der Turmuhr (entspricht der Melodie des Big Ben in London) werden mit dem großen Carillon heute Konzerte gespielt.
Die Turmuhr mit dem vergoldeten Ziffernblatt vom Anfang des 16. Jahrhunderts wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrfach umgebaut und erweitert. So zeigt sie heute noch, was die Stunde geschlagen hat.
Eine Besichtigung des Turms ist nur im Rahmen von gebuchten Führungen möglich.
Fazit: Sehenswertes und (wenn gespielt wird) hörenswertes Bauwerk der alte Stadt an der Saale.[verkleinern]