In Hahnenklee bei Goslar findet man etwas, das in unseren Breiten durchaus Seltenheitswert hat. Das die Kirche aus Holz ist, macht sie schon besonders. Es ist aber eine der in Deutschland sehr seltenen Stabkirchen, die man sonst hauptsächlich in Skandinavien findet. Stabkirchen bzw Repliken von ihnen gibt es Deutschland noch in Selketal, auf dem Friedhof Stahnsdorf bei Berlin, im Mühlenmuseum Gifhorn, in Lübeck und im Europapark Rust.
Am südlichen Ortsrand erhebt sich die evangelische... weiterlesen Kirche, die nicht mal sonderlich alt ist. Da der Ort selbst keine Kirche hatte, entschloß man sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Kirchenbau im Ort. Verwirklicht wurde schließlich ein Entwurf des Architekten Karl Mohrmann aus Hannover, der einen Bau im Stil der nordischen Stabkirchen vorschlug. Er begründete seine Wahl mit dem Hinweis auf sehr frühe Kirchenbauten zu Beginn der Christianisierung Norddeutschlands, wo Stabkirchen auch eine Rolle gespielt haben sollen. Vielleicht floß in seinen Entwurf auch die Tatsache mit ein, das Kaiser Wilhelm II. jedes Jahr ausgedehnte „Nordlandfahrten“ nach Norwegen unternahm und von den dortigen Stabkirchen sehr angetan war.
Genaugenommen ist die Kirche von Hahnenklee eigentlich ein Nachbau der 800 Jahre alten Stabkirche von Borgund (Norwegen). 1907 begannen die Bauarbeiten. Man verwendete Fichtenholz aus den Wäldern in der Nähe. Bereits ein Jahr später war man fertig und so fand am 28.6.1908 die Weihe der Kirche statt, die nach den Königen von Schweden „Gustav-Adolf-Kirche“ genannt wurde, waren Schweden und Norwegen doch lange Zeit in Personalunion verbunden.
Allerdings fiel die Kirche von Hahnenklee mit 350 Plätzen wesentlich größer aus als die meisten nordischen Vorbilder. Die Holzbauweise machte des öfteren Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten notwendig, bei denen es auch jedesmal zu baulichen Veränderungen kam. Die letzte Generalsanierung fand 2006 statt. Für eine Orgel fehlte Anfangs das Geld, man behalf sich mit einem Harmonium. Erst um 1955 wurde eine erste Orgel eingebaut, der allerdings die klimatischen Bedingungen so schlecht bekamen, das sie um 1985 wieder ausgebaut wurde. Seit 1994 hat die Kirche nun eine mehrfach erweiterte Goll-Orgel.
Da Stabkirchen ja ein Relikt aus der Zeit der Christianisierung Skandinaviens sind und dort die Wikinger mit ihrer heidnischen Religion heimisch waren, flossen, wie anderswo auch, Motive und Symbole der nordischen Mythologie mit in den Kirchenschmuck ein. Schon die ersten von den Wikingern errichteten Stabkirchen waren mit Drachenköpfen und Schlangen verziert. Außerdem ließen die Wikinger in den Kirchenbau auch ihre Erfahrung als Schiffbauer mit einfließen. In der Kirche Hahnenklee erinnern der Kronleuchter in Form eines Steuerrades und die oberen Fenster in Bullaugenform an die Schiffbautradition. Da Stabkirchen keinen Glocken tragenden Turm im Sinne der späteren europäischen Steinkirchen haben, ist ein hölzerner Glockenturm an die Kirche Hahnenklee angebaut.
Vom Ortskern sind es wenige Gehminuten bis zur auf einer Anhöhe gelegenen Gustav-Adolf-Kirche. Rauchen in der Kirche ist verboten und in ihrer Nähe unerwünscht. Wie auch in Barockkirchen sollte man etwas Zeit mitbringen, gilt es innen und außen doch viele offene und versteckte Symbole, Schnitzereien und Figuren zu entdecken, die auf den ersten Blick gar nicht zu einem christlichen Gotteshaus passen wollen.
Fazit: sehr sehenswert[verkleinern]