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Schwer- und Massengüter konnten in motorlosen Zeiten nur mit dem Schiff effizient befördert werden. Schon im Altertum wurden deswegen künstliche Wasserstraßen angelegt. Als der erste Finowkanal ab 1605 entstand, konnte man hierzulande schon auf in Jahrhunderten gemachte Erfahrungen zurückgreifen. Trotzdem scheiterte das Projekt zur Verbindung von Havel und Oder zunächst. Hintergrund waren die Wirren um den Dreißigjährigen Krieg, kaum gebaut verfiel der Kanal schon wieder.
Es war Friedrich... weiterlesen der Große, der die Industrialisierung der Gegend vorantreiben und dazu den alten Kanal in der Zeit von 1743-1753 reaktivieren und erweitern ließ. Etwa 43 km lang war das Bauwerk, das im Westen bei Liebenwerda begann und im Osten in die Alte Oder abfloss, dazwischen wurden 38 Höhenmeter mittels einer Vielzahl von Schleusen überwunden. Diese Schleusen wurden bald zum Problem, da sie auf die Größe von „Zillen“ ausgelegt waren, die, als „Kleines Finowmaß“ definiert, max. etwa 26,5 m lang und 3,1 m breit sein durften.
Der durch die aufkommende industrielle Revolution geförderte Warenstrom vermehrte den Schiffsverkehr und machte größere Schiffe erforderlich. Dem wurde im 19. Jh. durch den Bau größerer Schleusen mit zwei parallelen Kammern Rechnung getragen. Die Schiffe konnten jetzt bis zu 41 m lang und 5,1 m breit sein, das hieß „Groß-Finowmaß“.
Auch dies hielt der rasanten Entwicklung des Schiffsverkehrs nicht Stand. Deswegen wurde ab 1906 der „Großschiffahrtsweg Berlin -Stettin“ ausgebaut, und in diesem Zuge zwischen der oberen Havelniederung und der Alten Oder ein neuer Kanal gegraben. Der Finowkanal umwindet und schneidet die neue Wasserstraße in der Form eines liegenden seitenverkehrten S.. Der etwa 10 km lange auch „Langer Trödel“ genannte Westteil wurde ab Liebenwerda zur Sackgasse, der Ostteil blieb erhalten.
Und so sieht es 2018 aus:
Der lange Trödel hat seit 2016 einen Zugang zum neuen „Großschifffahrtsweg“ und kann damit wieder durchgehend befahren werden.
Die östlichen mehr als 30 km des alten Finowkanals stehen samt der Wasserbauwerke unter Denkmalsschutz. Der Kanal wird unterhalten, aber nur noch von der Ausflugs- und Sportschifffahrt genutzt. Die Schleusen werden überwiegend von den Mitgliedern eines Fördervereins mit Muskelkraft betätigt, die parallelen Kammern wurden zurückgebaut und dienen jetzt mit hydraulisch betätigten Sielen der Wasserstandsregulierung. Insgesamt ist es ein Idyll, das nicht nur auf dem Wasser befahren werden kann, sondern entlang der alten Treidelwege auch mit dem Fahrrad.
Wer sich mit dem Boot auf die Fahrt durch den Kanal macht, der sollte die Öffnungszeiten der Schleusen und besonders der Hubbrücke Eberswalde beachten. Geschleust wird im Sommer von 9:00 bis 16:45 Uhr. In den Schleusen kann es, je nach Fingerspitzengefühl der Wärter, schon mal etwas kappeliger werden. Nachtliegeplätze findet man bei den Ortschaften. 1½ Tage sollte man für die Passage mindestens einkalkulieren. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 6 km/h begrenzt. Eine Beschreibung der Schleusen ist hier:
https://www.kag-finowkanal.de/wassertourismus/schleusen/
So geruhsam eine Fahrt auf dem Kanal heute auch ist, für die Schiffer vor 150 Jahren muss es eine ungeheure Plackerei gewesen sein. Lange gerade Kanäle waren recht einfach zu befahren, lief der Kahn erstmal, so konnte er mit relativ wenig Kraftaufwand in Fahrt gehalten werden. Hier war es anders. Der Finowkanal ist kurvig und hat durchschnittlich alle etwa 3 km eine Schleuse. Da mussten die Kähne aufgestoppt und dann hineingezogen werden. In der Schleusenkammer wurden sie seitlich versetzt, um Platz für einen zweiten Kahn zu schaffen. So ging es weiter und auch die Lade- und Löscharbeit war kräftezehrend. Dazu kam, dass die an Bord auf engstem Raum lebenden Schifferfamilien, vorsichtig gesagt, nicht überall auf soziale Akzeptanz stießen.[verkleinern]