Bernau, St. Georgstag anno Domini 1432
In der gleisenden Mittagssonne erhebt sich eine Staubwolke aus der ebenen Landschaft der Mark Brandenburg gen Süden der mittelalterlichen Stadt. Ein Donnern in der Ferne ist zu vernehmen.
Sofort schlägt der Türmer Alarm. Die Bauern flüchten von ihren, vor den Toren der Stadt gelegenen, Feldern in die schützenden Mauern Bernaus. Die Bürger und Handwerker - sogar die Brauer - der prosperierenden Stadt eilen herbei - die Männer der Gilde bis an die... weiterlesen Zähne mit Armbrüsten und Pfeilen bewaffnet.
Schon schließen sich die schweren hölzernen Tore der Stadt und ein Jeder nimmt den ihm zugewiesenen Posten ein.
Hoffentlich werden die Tore und die Wallanlagen dem herannahenden Reiterheer Stand halten....
Rückblick: Gar seltsame und schreckliche Mär war im Frühjahr des Jahres von wandernden Handwerksburschen und ziehenden Kaufleuten in die Stadt getragen worden.
Plündernde und brandschatzende Horden sollen durch die Mark Brandenburg ziehen - gnaden- und erbarmungslos das Volk schändend und die Städte , Burgen und Klöster verwüstend.
Es sind die Hussiten, benannt nach Johannes Huß, dem Böhmen, den man im Jahre 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannt hat. Rache schwörend haben sich dessen Anhänger zu einem Heer zusammen gerottet, um die Länder und Lehen derjenigen Fürsten zu verwüsten, die in Konstanz für die Verbrennung von Jan Hus - wie er im Volksmund genannt wird - gestimmt haben.
Und so zogen sie auch gen Norden. Zunächst die Wettiner heimsuchend, bevor sie weiter in die Lausitz und die Mark Brandenburg ritten, um Burgen, Klöster und Städte zu schleifen.
Am 18. April 1432 erstürmten sie die alte Bischofsstadt Lebus und tags drauf Straußberg. ...
Es muss wohl was dran sein, wenn die Reisenden über die Grausamkeit der Hussiten berichten und so versammeln sich die wackeren Bewohner des Bierbrauerstädtchens Bernau auf dem Stadtanger zu üben mit Armbrust und Pfeil und der Magistrat berät die Verteidigung der Stadt .
Es ist der 23. April 1432 - nur wenige Tage nachdem Straußberg überfallen wurde - als sich aus der donnernden Staubwolke ein Reiterheer sichtbar herauslöst. Deutlich vernehmbar ist nun das donnern der Hufe von wiehernden Schlachtrössern. Kriegsgeschrei der todesmutigen Reiter schallt über die Ebene und das Klappern und Rasseln ihrer Rüstungen und Schwerter lässt die Bernauer erschaudern.
Schnell haben sie die verrammelten Tore der Stadt erreicht. Dank der Aufmerksamkeit des Türmers ist die ganze Stadt auf den Beinen und die Schützen auf ihrem Posten, so dass der von den Hussiten geplante Überfall vereitelt wird.
Nach ein paar Tagen müssen die Hussiten erkennen, dass sie die starken Mauern der Stadt nicht erstürmen und die Schweren Tore nicht zerstören können und nach wenigen heftigen Gefechten gegen die bewaffneten Bernauer geben sie die Belagerung der Stadt auf und ziehen unter dem Gespött der Sieger auf nimmer wiedersehen von dannen.
Diesem Ereignis gedenkt die Stadt Bernau zunächst mit Dankprozessionen und seit dem 19 Jahrhundert mit dem Hussitenfest , welches mit Unterbrechung seit der Wende nun wieder seit mehr als 20 Jahren jeweils am zweiten Wochenende im Juni statt findet.
Eher zufällig war ich durch Plakate in Berlin auf dieses Ereignis aufmerksam geworden und so entschlossen wir uns das in der Zeit vom 07. bis 09. Juni stattfindende Hussitenfest am Samstag zu besuchen.
Es war ein guter Entschluss, den wir hatten einen sehr schönen Tag in Bernau.
Bereits die Anreise verlief mit der S 2 ab Berlin/Gesundbrunnen sehr entspannt. In ca. 25 Minuten erreichte die S- Bahn die Endstation Bernau vorbei an den Berliner Vororten mit sehr schönen Wohngegenden.
Viele hatten ebenfalls diese Idee und so strömten auch jede menge Besucher vom Bahnhof aus in die Innenstadt.
Schnell erwarben wir noch eine sehr schön vom Heimatverein der Märkischen Stadt Bernau e. V. gestaltete Festschrift mit allerhand Bernauer Geschichte(n) für 1 €.
Pünktlich um 11 Uhr begann dann der Festzug durch die Straßen Bernaus. Gerne hätte ich direkt am historischen Stadttor gestanden als Kulisse für das mittelalterlich angehauchte Spektakel, aber da stand verständlicher Weise schon eine riesige Traube von Bernauern, so dass wir durch den Külzpark zurück gingen und uns den Beginn des Festzuges in der Bahnhofstraße ansahen. Dort war weniger Gedränge und schließlich wollte ich doch auch ein paar Fotos schießen ohne ständig jemanden vor der Latichte zu haben.
Der Festzug, der vor allem die Geschichte Bernaus darstellt, wurde von epochal gekleideten Fußgruppen geprägt und das macht auch seinen besonderen und authentischen Charme aus.
Ich finde es einfach schrecklich unpassend, wenn irgend welche Motivwagen von LKW´s und Traktoren gezogen werden, wie in meiner Heimatstadt.
Von Graf Albrecht der Bär, der sich einst in den Pankewäldern verirrte und als Stadtgründer gilt, den Hussiten vor Bernau, über die Hexenverbrennungen im 17. Jahrhundert und Bernau zu Beginn des 20. Jahrhunderts lernt man dabei allerhand - mitunter auf humoristische Weise - über die Geschichte Bernaus.
Ja, es flogen auch Kamellen und wir wurden mit Wein und Honig beschenkt ... und natürlich mit allerhand sehr schönen Motiven !
Anschließend begaben wir uns in unser Lieblingsrestaurant in Bernau - den Leiterwagen - bevor wir uns gut gestärkt wieder in das Getümmel mit Marktständen und Gauklern stürzten.
Bis zum Festpark der immerhin 6 € Eintritt kostet sind wir zwar nicht mehr gelangt, aber es gab auch so viel Sehenswertes innerhalb der Stadtmauern, wie z. B. das rekonstruierte Mühlentor, welches vergangenes Jahr noch nicht stand. Nach einem Abstecher in die St. Marien - Kirche, über die ich noch Außergewöhnliches berichten werde, begaben wir uns wieder auf den Heimweg.
Ein weiteres Highlight des Hussitenfestes neben dem Historischen Festumzug war - wie dem in der Tourismuszentrale erhältlichen umfangreichen Programmheft zu entnehmen ist - am Sonntag "Die Schlacht von Bernau". Es würde den Rahmen sprengen hier das gesamte lohnende Programm wieder zu geben.
Eines steht aber fest: anlässlich des Hussitenfestes geht es in Bernau vor passender Kulisse mittelalterlich zu mit Gauklern, Akrobaten, Schauspiel , Markt etc.... ein wahres Dorado für Mittelalterfans, die man dort auch zu Hauf unter den Passanten in Gewandung trifft. !
Aber auch neuzeitliche Originale wie den Zickenschulze trifft man an. Man munkelt er ist wieder auf der Suche nach einer Frau ;-)))
Na, ich denke wir sehen uns nächstes Jahr zum Hussitenfest dort ... in oder "mit ohne" Gewandung ....! ;-)[verkleinern]