Manchmal denkt man "hast du eine Kirche gesehen, hast du alle Kirchen gesehen". Trotzdem treibt es mich immer wieder hinein, wenn ich ein sakrales Gebäude entdecke.
Vorne hat man den Altar , über der Eingangshalle die Orgel, Seitlich an einem Pfeiler klebt die Kanzel, der Taufstein darf nicht fehlen, manche haben auch noch eine Empore, die übliche sakrale Kirchenkunst .... Was also gibt es noch zu berichten oder zu bewerten?
Moment mal, aber was ist denn das ?
"Die Totenkronen von... weiterlesen Bernau" lese ich und fühle mich wie magisch angezogen, habe ich doch noch nie von Totenkronen gehört, geschweige denn davon gelesen oder sie gar irgendwo gesehen.
Auf einer Informationstafel findet sich folgender Text:
" Über Jahrhunderte hinweg veehrte man im deutschsprachigen Raum - und darüber hinaus - den unverheirateten verstorbenen Totenkronen als Lohn für die bewahrte Jungfräulichkeit und als Ersatz für die Brautkrone, die sie zu lebzeiten entbehren mussten. Sie waren das wichtigste Attribut des als Ersatzhochzeit und symbolische Himmelshochzeit verstandenen Ledigenbegräbnisses.
man gab sie den zu früh verstorbenen mit ins Grab oder stellte sie als Gedächtnismale in den Kirchen aus.
Für ihre Präsentation fertigte man gerne Konsolbretter oder verglaste Gehäuse und Rahmen an.
In Brandenburg bestimmten die farbenfrohen Totenkronen einst in einem kaum mehr vollstellbare Maße die Atmosphäre der Kirchen. Sie brachten "Poesie und leben" in die Gotteshauser (Fontane).
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Totenkronen massenhaft als "Staubfänger", "Ablenkung für die Gläubigen" und "unsoziales Protzertum" aus den Kirchen entfernt.
Das Wissen um den eigentümlichen Brauch und seine anrührenden Denkmäler ging verloren."
So auch in Bernau, als im Rahmen der Kirchenrenovierung Mitte des 19 Jahrhunderts die Totenkronen entfernt und die Konsolbretter als Brennholz verkauft wurden.
Einige Totenkronen blieben der Nachwelt jedoch erhalten und werden fein säuberlich mit CO² entwest und restauriert hier wieder ausgestellt.
Wem sie verehrt waren ist mitgeteilt, ebenso wie das Alter des Verstorbenen. Es waren mehr junge Männer als junge Frauen, die einen frühen Tod starben und sehr oft liest man als Todesursache "Nevenfieber" - heute würde man sagen Thyphus.
Ein wenig zog es mir schon die Schauer über den Rücken bei dem Gedanken daran, dass diese mit bunten Bändern und Stoffblüten kunstvoll verzierten Kronen einst die Häupter Verstorbener schmückten.
Auch sonst birgt diese spätgotische Kirche beachtenswerte Sakrale Kunst aus allen Jahrhunderten seit ihrer Entstehung auf den Mauern einer romanischen Basilika im Jahre 1280 .
Bedeutendstes Kunstwerk ist der Flügelaltar aus der Schule von Lucas Cranach d. Ä..
Im Jahre 1632 war in dieser Kirche der durch kriegerische Auseinandersetzungen umgekommene König der Schweden Gustav II. Adolf aufgebahrt, woran eine Gedenktafel erinnert.
Das Innere und die liebevolle Ausstattung der Kirche vermittelt ansonsten eine heitere Atmosphäre.
Im Rahmen eines Spaziergangs durch die historische Altstadt Bernaus, sollte man sich auf jeden Fall die Zeit nehmen, einmal einen Blick in den schönen, hellen Innenraum und auf die interessanten sakralen Kunstwerke zu werfen, kurz auf den alten Kirchenbänken zu verweilen und die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen.[verkleinern]