Kurzfassung:
Käsekuchen und Kaffee im Café. Mit Schulinventar gestaltet, Offene Backstube. Hipster-Alarm. Oft voll, geschmacklich toll.
Prosa:
Wer „Berlin Cafés“ googelt, bekommt 2,19 Millionen Treffer – bei „Berlin Gaststätten“ oder „Berlin „Kneipen“ sind es nur 510.000 Treffer. Man darf also damit rechnen, in der Hauptstadt überall einen kräftigen Kaffeegeruch wahrnehmen zu können. Wer – wie ich – für jede Tasse die Bohnen händisch mit einer guten Mühle pulverisiert und auch von Hand... weiterlesen brüht (per Moka-Kanne oder Karlsbader Kännchen) dem kann man keinen Schümli mehr vorsetzen, ohne sich zumindest ein leicht angewidertes Zucken meiner Oberlippe einzuhandeln. Das weiß jeder, der mich kennt.
Beim Besuch der Schwester meiner äh… lassen wir das, es kann sich ja doch keiner merken und egal ist es auch. Jedenfalls wurden wir von ihr zu diesem Café befohlen. Es müsse angeblich jeder wissen, dass es dort den besten Philadelphia Cheesecake gebe. Da musste ich passen, die Legende war noch nicht bis zu mir vorgedrungen, weil Käsekuchen mir bislang eher Wurst war.
Aber gegen eine so leidenschaftlich vorgetragene Bitte ist man machtlos wie vor den Einflüsterungen des einen Ringes, sie alle zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkle zu treiben zum Bäume entrinden (oder so). Mit dem nötigen Hunger ausgestattet, gingen wir des frühen Nachmittags zum hier besungenen Elefantengehege, doch - O W! - es war so voll wie das Aroma einer frisch gebrühten Tasse Monsooned Malabar aus Indien. Zwei der in Berlin unvermeidlichen Kinderwagen standen links vom Eingang, Tische, Stühle - alles voll mit Leuten. Im Kassenbereich standen Leute, die auf afrikanischen Kaffee (Cafe Togo) warteten.
Wir nahmen uns vor, einen Spaziergang zu machen und noch mal wieder zu kommen. Eine Stunde später, nach reichlichem olfaktorischen Genuss der Köstlichkeiten von Produkten hier nicht ganz legaler Gewächse im Glogauer Park kehrten wir wieder ein. Zweite Enttäuschung: Statt Käsekuchen gab’s nur noch Pustekuchen. Fast so, als wenn es in einer Currywurst-Bude (eine Google-Suche ergibt für „Berlin Currywurst“ 523.000 Treffer!) die Würste ausgehen! Wir meldeten uns für den nächsten Tag zum zweiten Frühstück an.
Dritter Versuch: Palimpalim, die Tür des Cafés schwingt auf. Das Auge (nicht Saurons, sondern meins) hatte endlich die Struktur des Ladens begriffen. Im Eingangsbereich stehen einige Tische und Stühle, man kommt sich vor wie in einer Schule, denn an der Wand hängen die selben Erdkundekarten, mit denen Schüler früherer Generationen lernten, dass Buxtehude nicht in Kanada liegt.
Wir bestellten also besagten berühmten besonderen Käsekuchen, dazu noch diverse Kaffeespezialitäten, inhäusig geröstet und Saft und Bagels. Und setzten uns an den letzten noch freien Tisch (!) kurz vor der offenen Backstube. Dort werkelten einige Menschen schon an neuen Anschlägen für die Figur. Sie sprachen dabei englisch, denn der Laden hier ist ziemlich international. Auf den Tischen und Bänken lagen einige abgegriffene exotische Zeitschriften für modebewusste Hipsters herum, und das Publikum enthielt auch einige Varietäten dieser Strömung. Es waren aber auch Studenten dort oder zumindest welche, die irgendwas in Laptops tippten (eine Golocal-Rezension vielleicht?) und schlau mit ihren Begleitungen sprachen – möglichweise, um keinen Ordnungsstrich von der Lehrerin zu kassieren.
In schneller Folge kam nun alles auf den Tisch. Der Kaffee war köstlich und lohnte allein den Besuch. Aber für den Käsekuchen würde ich sogar einen Mord begehen. Er bestand aus mehreren Schichten leicht unterschiedlicher Konsistenz und der Boden war ein Traum. Wir aßen und tranken so vor uns hin, spielten danach noch Doppelkopf bis zur Großen Pause und verließen das Haus - ohne Eintrag ins Klassenbuch, dafür mit einem bei Golocal. Essen: Sehr gut. Trinken: Sehr gut. Ambiente: gut Raumklima: befriedigend (es zog wie Hechtsuppe!) Dennoch hoffe ich, dass der Laden nicht versetzt wird.
Nachtrag: Ganz und gar kostenlos gab es eine Karaffe Wasser (ohne Einhornpups), das hatte ich verdrängt.[verkleinern]