Erstaunt ist der Besucher unseres Städtchens, wenn er auf einem Spaziergang durch unsere Altstadt die Stiftsruine entdeckt, welche sich nicht nur die größte Kirchenruine nördlich der Alpen nennen darf, sondern größte romanische Kirchenruine Europas, ja sogar der Welt mit einer Länge von 102,8 m und einer Breite des Querchors von 55 m.
Mancher hält bei diesem Anblick ehrfürchtig inne und fast jeder umrundet das Bauwerk auf der Suche nach dem Eingang, aber das massive hölzerne Tor in der... weiterlesen Westapsis bleibt dem Neugierigen meist verschlossen.
Wie pochte mein Herz als ich eines frühen Morgens im Frühjahr des Vergangenen Jahres das offene Tor entdeckte und mich hinein schlich.Arbeiter bauten an der Bühne für die Festspiele.
Mein Glück kaum fassen konnte ich dann im Herbst vergangenen Jahres kaum als an einem Samstag Nachmittag das geöffnete Tor zu einer Besichtigung einlud. Wie viele Jahre war es her....
Schnell bei der netten Dame an der Kasse den Obulus von 2 € entrichtet, um sodann andächtig diesen einst heiligen Or zu betreten.
Man kann die Ruine von März bis Oktober besichtigen, jedoch eingeschränkt durch die Festspiele, die hier alljährlich stattfinden. Ich empfehle einen Besuch im Oktober.
Leider sind die Informationen über die Geschichte der Stiftsruine auf der Tafel neben dem Eingangstor nur sehr spärlich, so dass ich an dieser Stelle für die geschichtlich Interessierten noch ausholen möchte.
Was hat es nun mit der imposanten Kirchenruine auf sich und wie wurde sie zu einer solchen?
Fast 1300 Jahre christlicher Geschichte spiegeln sich in der Stiftsruine vom Beginn der Missionierung der Bewohner Herulfisfeldts durch irische Mönche im Jahre 736 bis heute.
Nach dem Märtyrertod Bonifatius war Lullus Erzbischof von Mainz geworden und gründete ein Benediktinerkloster, nachdem es ihm nicht gelungen war das Fuldaer Kloster seinem Bistum zu unterstellen.
Von der ursprünglichen Kirche und deren Folgebauten, auf deren Fundamenten unter Abt Meginher diejenige Kirche errichtet wurde, deren Reste wir heute vor Augen haben, ist nichts mehr zu erkennen.
Nach über 100 Jahren Bauzeit erfolgte die Weihe im Jahre 1144 durch den Mainzer Erzbischof in Anwesenheit König Konrads II..
Erst danach wurde mit dem Bau der Westtürme begonnen, wobei der nördliche einstürzte und der südliche um 1165 fertig gestellt wurde.
Ende des 12. Jahrhunderts stand die Abtei als Reichsabtei auf dem Höhepunkt ihrer Macht.
Am 02. Mai 1521 predigte hier Martin Luther auf der Rückreise vom Wormser Reichstag, auf welchem er seine Thesen verteidigt hatte.
Nur 4 Jahre später wurde das Kloster im Zuge der Reformation aufgelöst und wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts Residenz des Landgrafen Moritz von Hessen- Kassel.
Es geschah während des Siebenjährigen Krieges am 19.02.1761, dass die Kirche von französischen Truppen beim überstürzten Abzug in Brand gesetzt wurde, um die darin gelagerten Vorräte nicht in die Hände des Feindes geraten zu lassen. Die Hitze war so enorm, dass sie den Sandstein der Säulen sprengte. Noch heute sind Brandspuren an den Mauersteinen zu erkennen.
Erhalten blieb nur das ehemalige Dormitorium der Mönche, welches heute das Museum beherbergt, dessen Besuch kostenfrei ist. Dort erfährt man Vieles über die Geschichte der Abtei.
Auch blieb der Separat errichtete Katharinenturm unversehrt, in welcher die ältest datierbare Glocke Deutschlands beheimatet ist.
So kamen wir durch die Zerstörung vor mehr als 200 Jahren in der jüngeren Vergangenheit zu einem eindrucksvollen Freilichttheater für die Hersfelder Festspiele.
Ihr trefft mich hier häufig auf Spaziergängen an.Meine Impressionen findet ihr in der Bilderstrecke.[verkleinern]